Hinweis

Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.

Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Los geht's

DWIH-Jahresbericht 2021

Logo https://pageflow.daad.de/dwih-jahresbericht-2021

Einführung

Zum Anfang
Zum Anfang
Zum Anfang

Die fünf DWIH-Standorte im Fokus

DWIH kompakt

• 5 Innovationsforen an 5 herausragenden Standorten
• eine Initiative von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft
• über 100 Unterstützer weltweit
• Gesamtverantwortung durch den DAAD in Bonn

Tokyo

Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo

Neu-Delhi

Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Neu-Delhi

New York

Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus New York

São Paulo

Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo

Bonn

DWIH-Geschäftsstelle Bonn

Moskau

Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Moskau

Zum Anfang
Zum Anfang

Impressum

Herausgeber
Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V. (DAAD)

Kennedyallee 50
D-53175 Bonn

Tel.: +49 228 882-0
Fax: +49 228 882-444

E-Mail: webmaster@daad.de
Internet: www.daad.de

Vertretungsberechtigter Vorstand:
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee

Registergericht Bonn
Registernummer VR 2107
Umsatzsteuer-IdNr.: DE122276332

Verantwortlicher i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV:
Dr. Kai Sicks

Redaktion und Gestaltung
Fazit Communication GmbH
Frankfurt am Main

Zum Anfang

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Direktor
Dr. Andreas Hoeschen (DAAD)

Programmkoordinator
Mikhail Rusakov

Beiratsvorsitzender
Dr. Jörn Achterberg (DFG)

Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Moskau
Prospekt Wernadskogo 103
Gebäude 3, Eingang 2
119526 Moskau, Russland

Kontakt
info@dwih-moskau.org
www.dwih-moskau.org

Unterstützer des DWIH Moskau
www.dwih-moskau.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
Zum Anfang

Dr. Ursula Paintner, Direktorin der Abteilung Kommunikation des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)

 Dr. Ursula Paintner, Direktorin der Abteilung Kommunikation   des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Dr. Ursula Paintner, Direktorin der Abteilung Kommunikation des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Vollbild
Frau Dr. Paintner, der russische Angriff auf die ­Ukraine hat nach wie vor weitreichende Konsequenzen. Was bedeutet er für die Arbeit des DWIH Moskau und des DAAD?
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat der DAAD den wissenschaftlichen Austausch mit Russland deutlich eingeschränkt. Die Förderung deutscher Studierender und Forschender für Aufenthalte in Russland wurde ausgesetzt, ebenso hat der DAAD die deutschen Hochschulen aufgefordert, die institutionelle Zusammenarbeit mit russischen Hochschulen einzufrieren. Zugleich wollen wir aber die Möglichkeit behalten, mit Russinnen und Russen in Kontakt zu bleiben, gerade auch mit kritischen Studierenden und Forschenden. Daher sind nach wie vor Bewerbungen auf Stipendien nach Deutschland möglich, und auch die Büros des DAAD und das DWIH in Moskau halten wir, solange es die Umstände erlauben, weiter offen. Für seine Stakeholder fungiert das DWIH eingeschränkt, aber nach wie vor als wichtiges und notwen­diges Austauschforum in einer schwierigen ­Situation.

Welche Chancen gibt es für das DWIH Moskau, an die Arbeit der vergangenen Jahre anzuknüpfen?
Das hängt sehr stark davon ab, wie sich die ­Situation weiter entwickelt. Zunächst hoffen wir alle auf ein baldiges Ende der Gewalt. Erst dann können wir sehen, wann und wie es mit Blick auf die politische Entwicklung wieder möglich sein wird, wissenschaftliche Beziehungen in Russland zu pflegen. Wenn es zu diesem Zeitpunkt noch Verbindungen in die Zivilgesellschaft gibt, an die wir anknüpfen können, ­haben wir viel erreicht.
 Dr. Ursula Paintner, Direktorin der Abteilung Kommunikation   des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Dr. Ursula Paintner, Direktorin der Abteilung Kommunikation des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Schließen
Zum Anfang

Dr. Andreas Hoeschen, Direktor des DWIH Moskau
Dr. Andreas Hoeschen, Direktor des DWIH Moskau
Vollbild
„Die Pandemie hat 2021 die deutsch-russische Kooperation erschwert. Doch über die digitalen Formate ist es gelungen, die Zusammenarbeit am Laufen zu halten – auch weil bei phasenweise günstigen Bedingungen Möglichkeiten des direkten Austauschs genutzt wurden. Angesichts des Kriegs in der Ukraine ist die Kooperation in den Feldern Forschung und Innovation jetzt in weite Ferne gerückt, doch hoffen wir langfristig auf die Kraft des Wissenschaftsdialogs.“

Dr. Andreas Hoeschen

Bis zu einhundert neue, interdisziplinäre Cluster an den Hochschulen des Landes – dieses Ziel hat die russische Regierung im Rahmen des neuen Förderprogramms „Priorität 2030“ ausgegeben, ein Signal für die wichtige Verbundforschung, dank der sich die Hochschulen vernetzen und international weiter aufholen sollen. Wie sich solche Cluster organisieren und die verschiedenen Disziplinen und Interessen unter einen Hut bringen lassen oder wie man mit juristischen Herausforderungen wie der Frage des geistigen Eigentums umgeht, stand im Fokus des Expertenseminars „Wissenschaftscluster: Aufbau und Erfolgsmodelle“, zu dem sich im Februar 2021 mehr als einhundert Interessierte vor allem deutscher und russischer Hochschulen auf Einladung des DWIH Moskau, des russischen Hochschulverbands „Globale Uni­versitäten“ und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) trafen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler etwa der RWTH Aachen, der Universitätsallianz Ruhr und der Freien Universität Berlin berichteten von der deutschen Exzellenzinitiative, in deren Rahmen sie Exzellenzcluster aufbauen konnten. Von russischer Seite kamen unter anderem Expertinnen und Experten des Clusters „Digitales Biodesign und individualisiertes Gesundheitswesen“ der Setschenow-Universität für Medizin in Moskau und des Wissenschaftszentrums für Mathematik (NCMU) an der Uralischen Föderalen Universität zu Wort. „Diese Veranstaltung war ein sehr wichtiger Erfahrungsaustausch, weil in Russland derzeit verstärkt solche Cluster aufgebaut werden sollen und man bei diesem Treffen sehr gut ausloten konnte, wie internationale Kooperationen zwischen russischen und deutschen Clustern initiiert werden können“, sagt Mikhail Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau. Der Ausbau der Wissenschaftscluster in Russland bleibt ein wichtiges Thema.

Den Handlungsdruck beim Thema Klimaschutz nahm das DWIH gemeinsam mit der Deutschen Botschaft Moskau im Format Deutsch-Russisches Science Forum auf, das im Jahr 2021 gleich zwei Mal stattfand. So lag der Fokus des zweitägigen Forums „Grüne Transformation der Weltwirtschaft aus deutscher und russischer Perspektive“ im März auf der Klimapolitik und aktuellen Umweltfragen. Beim zweiten Forum „Nachhaltige Mobilität. Stadtplanung. Klimawandel“ im November rückte vor allem das Thema Verkehrsmobilität und damit die Folgen für Umwelt, Gesundheit und Klima in den Vordergrund. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben anhand konkreter Beispiele der Metropolen Moskau und Berlin erfahren, wie sich dort die Verkehrsinfrastruktur verändert“, sagt Rusakov. So verkehren in Moskau beispielsweise fast nur noch CO2-freie Elektrobusse, die Metro fährt in der Hauptverkehrszeit alle zwei Minuten und die Nutzung einer App zum Bestellen eines Taxis ist mittlerweile Normalität. Vorbildlich an Berlin ist wiederum das dichte Netz an Radwegen. Auch in den Regionen Russlands ändert sich das Mobilitätsverhalten. So will die südrussische Großstadt Krasnodar ihr Mobilitätskonzept ändern und nach dem Vorbild der deutschen Partnerstadt Karlsruhe ein S-Bahn-System aufbauen.

Musste das erste Science Forum noch ausschließlich online durchgeführt werden, konnte beim Austausch zur nachhaltigen Mobilität die Mehrheit der Vortragenden zur Veranstaltung anreisen. Auch andere Formate konnten hybrid stattfinden, etwa im April, als russische und deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arktisexpedition MOSAiC im Rahmen der Deutschen Woche in St. Petersburg vor Ort wie auch für ein Online-Publikum von den Erfahrungen berichteten, die sie während der einjährigen internationalen Expedition unter der Führung des Instituts für Arktis- und Antarktisforschung (AARI) mit Sitz in St. Petersburg und des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) gemacht hatten. „Dass die Forscherinnen und Forscher ihre Ergebnisse in einem sehr breiten Kontext mit dem Publikum diskutieren konnten, war ein echter Gewinn für diese Veranstaltung“, bilanziert der Direktor des DWIH Moskau Dr. Andreas Hoeschen.

Das Beste aus der Pandemielage gemacht hat das DWIH auch bei der „German-Russian Week of the Young Researcher“, die im Oktober bereits zum elften Mal stattfand. „Gerade weil es für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler unter Pandemiebedingungen so schwierig ist, neue Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen, war es wichtig, dass diese Veranstaltung stattfand, auch wenn man sich nur digital für einen Tag treffen konnte“, sagt Andreas Hoeschen. So zogen im ersten Teil hochrangige Vertreter wie Dr. Alexander Chlunow, Generaldirektor des Russischen Wissenschaftsfonds (RSF), der Vizepräsident der Russischen Akademie der Wissenschaften Professor Juri Balega, der Vizerektor der Nationalen Universität für Wissenschaft und Technologie NUST MISIS Professor Sergej Salichow, DFG-Präsidentin Professorin Katja Becker oder DAAD-Präsident Professor Joybrato Mukherjee Bilanz zur russisch-deutschen Forschungskooperation vor dem Hintergrund der Pandemie. Im zweiten Teil präsentierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler deutsch-russische Forschungsprojekte. DWIH-Direktor Hoeschen hebt hervor: „Ein Erfahrungsaustausch ausschließlich digital ist nicht ideal, aber es war richtig, dass wir das Format trotzdem angeboten haben. So konnten die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zumindest in Kontakt bleiben.“

Autor
Benjamin Haerdle
Dr. Andreas Hoeschen, Direktor des DWIH Moskau
Dr. Andreas Hoeschen, Direktor des DWIH Moskau
Schließen
Zum Anfang

WERTVOLLER DIALOG

Mikhail Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau
Mikhail Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau
Vollbild
Es war möglich, sich wieder zu treffen. Mikhail ­Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau, hat gute Erinnerungen an das zweitägige Deutsch-Russische Science Forum zum Themenfeld „Nachhaltige Mobilität. Stadtplanung. Klimawandel“, das Ende November 2021 im hybriden Format stattfinden konnte: Mehr als die Hälfte der deutschen Teilnehmenden reiste nach Moskau an, um sich mit russischen Kolleginnen und Kollegen auch persönlich auszutauschen. „Wir haben dafür genau das schmale Zeitfenster genutzt, in dem dies möglich war. Davor und danach hätten die pandemiebedingten Einschränkungen Begegnungen zwischen deutschen und russischen Forschenden in Moskau verhindert.“

Moskau: Moderne Mobilität im Fokus

Zugleich brachte das hybride Format wertvolle Flexibilität: Wer nicht vor Ort teilnehmen konnte, schaltete sich virtuell zu und erfuhr so, wie stark die Suche nach nachhaltigen Mobilitätslösungen Russland und Deutschland beschäftigt. So waren etwa die Konsequenzen städtischer Mobilität für Umwelt und Gesundheit ebenso Thema des Science Forum wie konkrete Konzepte für nachhaltige Mobilitätslösungen. Angeregt wurde unter anderem zu Gedanken „jenseits der autogerechten Stadt“ und über die Möglichkeiten und Grenzen des Fahrradverkehrs in den Metropolen. „Durch den Klimawandel wie auch durch die Pandemie stehen die Städte in Russland und Deutschland gleichermaßen unter Veränderungsdruck“, sagt Mikhail Rusakov. „Dieser Herausforderung sind wir mit dem Deutsch-Russischen Science Forum interdisziplinär begegnet.“
Mikhail Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau
Mikhail Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau
Schließen
Zum Anfang

Deutsch-russischer Dialog

 Klimaforschung im Fokus: Austausch zur  MOSAiC-Arktis-Expedition in St Petersburg
Klimaforschung im Fokus: Austausch zur MOSAiC-Arktis-Expedition in St Petersburg
Vollbild
Bei den Bemühungen, den Klimawandel zu bremsen, galt Russland lange Zeit nicht als Pionier: „Zunächst gab es in Russland fast nur ein wissenschaftliches ­Interesse am Klimawandel. Mittlerweile ­haben aber auch Teile der russischen ­Wirtschaft erkannt, dass sie für den EU-Marktzugang im Bereich der Dekarbonisierung aktiv werden müssen“, sagt Dr. Andreas Hoeschen, Direktor des DWIH Moskau.

Hinzu kommt, dass die Regierung im November 2021 eine Klimaschutzstrategie verabschiedet hat, mit der sie bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen um 80 Prozent gegenüber 1999 reduzieren will. Auch schickte sie eine überraschend große Delegation zur UN-Klimakonferenz nach Glasgow im November 2021. „Klimapolitik hat in Russland einen deutlich größeren Stellenwert erhalten“, konstatiert Hoeschen.Vor diesem Hintergrund diskutierten im März 2021 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des digitalen Deutsch-Russischen Science Forum „Grüne Transformation der Weltwirtschaft aus deutscher und russischer Perspektive“ des DWIH Moskau und der Deutschen Botschaft Moskau zwei Tage lang, welche Lösungsansätze es im Bereich des Klimawandels in beiden Staaten gibt und wie die EU und Russland gemeinsam zu einem besseren Klima- und Umweltschutz beitragen könnten. So wurde beispielsweise unter den thematischen Überschriften „Klimastrategien in Deutschland und Russland unter den Bedingungen der Covid-19-Pandemie“ und „Kohleregionen in Deutschland und Russland: Entwicklungsperspektiven für eine kohlefreie Zukunft“ deutlich, dass sich die Wirtschaft Russlands neu positionieren und auf Dekarbonisierung setzen muss – auch weil man nicht zu sehr gegenüber der EU ins Hintertreffen geraten will, die sich mit dem „Green Deal“ Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 als Ziel gesetzt hat. Ein Schwerpunkt des Science Forum galt den Perspektiven der deutsch-russischen Zusammenarbeit im Wasserstoffbereich. Dabei zeigte sich, dass Russland künftig stärker auf die Wasserstoffproduktion setzen will, allerdings basierend auf Erdgas. Deutschland treibt dagegen die Herstellung des Grünen Wasserstoffs voran, der mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird.

WERT DER ZIVILGESELLSCHAFT

Deutsch-russische Kooperationen sind in den vergangenen Jahren insbesondere im Bereich der Klimaforschung entstanden, was im Jahr 2021 auch zwei Veranstaltungen thematisierten, an denen das DWIH Moskau beteiligt war: Im April diskutierten beispielsweise russische und deutsche Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arktis-Expedition MOSAiC auf der Deutschen Woche in St. Petersburg über Ziele und Ergebnisse der einjährigen Forschungsreise. Und im November stellte sich in Moskau das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgezeichnete Projekt „Gemeinsam für ein besseres Klima – Aktive Wissenschaftsdiplomatie mit Russland (BRIDGE)“ des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) vor. Das GFZ konnte in den vergangenen Jahren erfolgreiche Kooperationen mit russischen Partnern in der Klima- und Nachhaltigkeitsforschung aufbauen.

Die Rolle der Zivilgesellschaft wurde beim Science Forum im März besonders deutlich. „Unser Anspruch war, das Thema Klimawandel interdisziplinär aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu diskutieren“, betont Mikhail Rusakov, Programmkoordinator des DWIH Moskau. So veranschaulichte Dr. Alexej Kokorin, Leiter des Klima- und Energie-Programms beim WWF Russland, wie wichtig die Zivilgesellschaft im Prozess der Dekarbonisierung ist. „Man darf den Green Deal der EU nicht als Druckmechanismus für die Gouverneure und die Bevölkerung nutzen, wenn diese nicht verstehen, wofür bestimmte Klimaanpassungsmaßnahmen notwendig sind“, sagte der WWF-Vertreter und verwies auf erfolgreiche Projekte unter Beteiligung der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesumweltministeriums in Russland. So wurden zum Beispiel am Bikin-Fluss im Fernen Osten Urwaldgebiete unter Schutz gestellt, die als CO2-Speicher eine maßgebliche Rolle für den Klimaschutz spielen. Parallel wurden vor Ort Strategien entwickelt, um einen Teil der Maßnahmen zu finanzieren. „Wenn positive Ergebnisse in der Klimaanpassung Hand in Hand gehen mit positiven Emotionen, wird auch die russische Bevölkerung der Dekarbonisierung positiv gegenüberstehen“, bilanzierte Kokorin. DWIH-Direktor Andreas Hoeschen verdeutlicht: „Das Thema Klimaschutz und die Konsequenzen aus dem Klimawandel bleiben wichtig und werden vom DWIH Moskau im Blick behalten.“

Autor
Benjamin Haerdle
 Klimaforschung im Fokus: Austausch zur  MOSAiC-Arktis-Expedition in St Petersburg
Klimaforschung im Fokus: Austausch zur MOSAiC-Arktis-Expedition in St Petersburg
Schließen
Zum Anfang

Direktorin
Dr. Katja Lasch (DAAD)

Programmkoordinatorin
Aadishree Jamkhedkar

Beiratsvorsitzender
Dr. Vaibhav Agarwal (DFG)

Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Neu-Delhi
21 Jor Bagh
New Delhi – 110003, Indien

Kontakt
info@dwih-newdelhi.org
www.dwih-newdelhi.org

Unterstützer des DWIH Neu-Delhi
www.dwih-newdelhi.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
Zum Anfang

Dr. Katja Lasch Direktorin des DWIH Neu-Delhi
Dr. Katja Lasch Direktorin des DWIH Neu-Delhi
Vollbild
„Am DWIH Neu-Delhi setzten wir strategisch neue Themen. Dafür haben wir 2021 viele ­Hintergrundgespräche zu den Interessen unserer Zielgruppen geführt, zugleich analysieren wir kontinuierlich und aufmerksam ­internationale Debatten. Wir arbeiten die verbindenden Linien heraus und konzipieren ­unsere Veranstaltungsangebote entsprechend. Die stringente Vorgehensweise hilft besonders dabei, im virtuellen Kommunikationsraum Gehör zu finden, und ist eine nachhaltige Grundlage für unsere Arbeit im Jahr 2022 und darüber hinaus.“

Das DWIH Neu-Delhi hat kreative Konsequenzen aus dem Leben mit der Pandemie gezogen: Angesichts der ­coronabedingten Hindernisse für Präsenzveranstaltungen sendete man aus einem ­eigenen, kleinen Streaming-Studio mit ­professionellen Moderationen. Es wurden interaktive und innovative Formate präsentiert: von der digitalen Lounge über den Austausch in Open Mic Sessions bis hin zu Blitzvorträgen.

Es sind bei Weitem nicht nur technische und digitale Neuerungen, die das DWIH Neu-De­lhi 2021 in seine Programmarbeit eingeflochten hat. Es geht vielmehr um tiefere Erkenntnisse entlang der Frage, wann und warum sich Menschen in eine virtuelle Veranstaltung interessiert einloggen oder die Website nutzen, so Direktorin Dr. Katja Lasch. „Im virtuellen Kontext wird einem noch deutlicher bewusst, dass man sich strategisch überlegen muss, wie man sein Publikum zielgenau erreicht.“ Und so hat das DWIH Neu-Delhi sein Veranstaltungsangebot und die produktive Netzwerkarbeit 2021 weiter präzise zugeschnitten und optimiert.

Dahinter steckte viel Arbeit und investierte Zeit – zum Beispiel für Hintergrundgespräche mit eingeladenen Referentinnen und Referenten im Vorfeld und am Rand der eigentlichen Veranstaltungen. Für die neuen Themen wurden Brainstorming Sessions mit verschiedenen Akteuren durchgeführt mit dem Ziel, gemeinsam Formate zu erarbeiten. Wie sieht ein attraktives Angebot aus? Was sind die Erwartungen? Fragen wie diese stellten Katja Lasch und Programm­koordinatorin Aadishree Jamkhedkar – und erhielten hilfreiche Resonanz. „Viele Befragte äußerten sich positiv, dass jemand direkt nach ihren Bedarfen fragt!“, erzählt Jamkhedkar. Das Resultat dieser ­Gespräche war wesentlich für den roten Faden aller Aktivitäten des DWIH Neu-Delhi. „Unseren thematischen Fokus stellen wir über unsere Kommunikationsmedien auch wiedererkennbar dar“, ergänzt Jamkhedkar.

Vielfältiger Blick auf die Pandemie

Zum gemeinsamen Schwerpunktthema aller DWIH 2021, „Gesellschaft im Wandel: Auswirkungen der Pandemie“, organisierte das DWIH Neu-Delhi mit seinen Unterstützern bereits im April zwei aufeinanderfolgende Web-Talks mit Fokus auf dem Schutz älterer Menschen und Innovationen bei Beatmungsgeräten. Auf dem Symposium zum Schwerpunktthema im September 2021 adressierten dann indische und deutsche Referentinnen und Referenten für ein breites Publikum die Gemeinsamkeiten und Unterschiede nationaler Antworten auf die Pandemie, die Neuordnung regionaler und globaler Strukturen, die Zukunft von Arbeit und Lernen sowie den Themenkomplex ­Information, Verunsicherung, Verschwörungstheorien und die Rolle der Medien.

Eine weitere Web-Talk-Serie zu Künstlicher Intelligenz (KI) und den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen widmete sich im Juli 2021 möglichen innovativen Effekten von KI auf Bildung, Landwirtschaft und Gesundheitsforschung, was wiederum an die Web-Talks zu den ­Auswirkungen der Pandemie auf geriatrische Versorgung und Medizintechnik ­anschloss. Eine „Science Circle Lecture“ – das gut etablierte Serienformat des DWIH Neu-Delhi – hatte bereits im Juni die ­Perspektiven thematisiert, die eine strategische „Daten-Kollaboration“ von Indien und Deutschland im Bereich Künstliche Intelligenz für die Gesundheitsbranche, aber auch in den Bereichen Landwirtschaft, Technik und Mobilität bietet.

„Begleitend haben wir dann unseren Newsletter, der dreimal im Jahr erscheint, diesen Fokusthemen gewidmet“, erklärt Aadishree Jamkhedkar. Dabei wurden ergänzende ­Inhalte präsentiert, zum Beispiel zum Thema Gesundheitswesen und ökonomische Perspektiven, jeweils aus deutscher und indischer Sicht. „Die Autorinnen und Autoren konnten aus dem Kreis der Partner und Referierenden gewonnen werden. Das ist ein Teil der strategischen Netzwerkarbeit des DWIH Neu-Delhi.“

Vernetzt und innovationsstark

Ein Schwerpunkt der zweiten Jahreshälfte war zudem das Engagement für eine innovationsstarke Start-up-Kultur. So feierte im Dezember 2021 das neue Format „Incubators Connect“ Premiere, das zum umfassend angelegten Entrepreneur­ship- und Gründungsprogramm mit den ­erfolgreich etablierten Veranstaltungen „Falling Walls Lab India“ und „Innovators Connect“ gehört. Das DWIH Neu-Delhi setzt gezielt auf die Zusammenarbeit mit ­Inkubatoren, um potenzielle Gründerinnen und Gründer an deutschen und indischen Hochschulen für den bilateralen Austausch und das Informations- und Vernetzungs­angebot zu interessieren. Auch wird der ­bilaterale Austausch vermehrt um den internationalen Diskurs ergänzt. Ein vom DWIH Neu-Delhi organisiertes gemein­sames Format aller DWIH – angelegt wie ­eine komprimierte Weltreise für deutsche ­Akteure im Bereich Entrepreneurship – kam sehr gut an. Angelehnt an das typische Präsentationsformat im Start-up-Bereich „pitchten“ die fünf DWIH-Vertreterinnen und -Vertreter in nur zwei Minuten für das Entrepreneur- und Start-up-System des jeweiligen DWIH-Sitzlandes. Katja Lasch, die die Veranstaltung moderierte, war hoch­zufrieden mit der Resonanz der mehr als einhundert digital Teilnehmenden. „Die Öffnung des deutsch-indischen Diskurses für internat­ionale Panels und die Zusammenarbeit mit den anderen DWIH sind zwei weitere ­wichtige Ergebnisse unserer strategischen Überlegungen im letzten Jahr.“

Autorin

Bettina Mittelstraß
Dr. Katja Lasch Direktorin des DWIH Neu-Delhi
Dr. Katja Lasch Direktorin des DWIH Neu-Delhi
Schließen
Zum Anfang

AUSTAUSCH ZU KLIMASCHUTZ

Aadishree Jamkhedkar, Programmkoordinatorin des DWIH Neu-Delhi
Vollbild
Wie kann Forschung zum Klimaschutz beitragen? Für Aadishree Jamkhedkar, die Programmkoordinatorin des DWIH Neu-Delhi, gilt es, die passenden übergeordneten und aktuellen Themen zu identifizieren und ­somit erfolgreiche Netzwerkarbeit zu leisten. Das digital veranstaltete Deutsch-Indische Forum „Städte und Klima“ des DWIH Neu-Delhi im März 2021 war eine ideale ­Gelegenheit, um das Thema aus einer 360-Grad-Perspektive zu betrachten, auch durch viele systematische Hintergrundgespräche im Vorfeld der Veranstaltung.

Internationales Treffen in Neu-Delhi

„Zum ersten Mal haben wir für das Deutsch-Indische Forum mit einer so hohen Zahl internationaler Referentinnen und Referenten zusammengearbeitet, von Postdocs über erfahrene Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bis hin zu politischen Beraterinnen und Beratern“, erzählt Jamkhedkar. Die 34 Vortragenden kamen nicht nur aus Indien und Deutschland, sondern auch aus Südafrika, Australien und der Europäischen Union und steuerten zahlreiche spannende Perspektiven bei. „Wir haben digitale Gespräche mit allen Referentinnen und Referenten geführt, um herauszufinden, was momentan und in naher Zukunft in der internationalen Forschungs- und ­Innovationslandschaft von besonderem Interesse ist.“ Ein zeitintensiver, aber sehr lohnenswerter Ansatz, sagt die Programmkoordinatorin. „Wir haben uns damit wichtige verbindende Themenkomplexe für die systematische Vernetzung in der Zukunft erschlossen.“
Aadishree Jamkhedkar, Programmkoordinatorin des DWIH Neu-Delhi
Schließen
Zum Anfang

Innovationsklima im im Blick

Programmkoordinatorin Aadishree Jamkhedkar bei der Netzwerkarbeit für „Innovators Connect“
Programmkoordinatorin Aadishree Jamkhedkar bei der Netzwerkarbeit für „Innovators Connect“
Vollbild
Zielorientiert und konsequent hat das DWIH Neu-Delhi 2021 sein Entrepreneurship- und Gründungsprogramm weiterentwickelt. „Was wir jungen Menschen anbieten, um mit einem wissenschaftsbasierten Start-up erfolgreich und international tätig zu sein, ist programmatisch miteinander verbunden“, erklärt Dr. Katja Lasch, Direktorin des DWIH Neu-Delhi.

„Incubators Connect“ heißt das jüngste Beispiel dieser systematischen Herangehensweise des DWIH Neu-Delhi. „Das im Dezember 2021 gestartete Format rundete unsere erneut erfolgreich für Start-ups durchgeführten Aktivitäten ab“, veranschaulicht Aadishree Jamkhedkar, Programmkoordinatorin des DWIH Neu-De­lhi, das eine Vielzahl an entsprechenden Angeboten bündelt: die inspirierende Veranstaltungsreihe „Innovators Connect“, auf der sich Gründerinnen und Gründer aus Deutschland und Indien austauschen, sich informieren und mit Forschenden und Inkubatoren vernetzen können, die Web-Talk-Reihe zur Internationalisierung von Start-ups, die zielgruppenorientierten Social-Media-Aktivitäten oder das „Falling Walls Lab“, die weltweite Plattform für Ausgründungsideen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, die in Indien ein besonderer Magnet ist.

Zusätzlich bot das DWIH Neu-Delhi im September 2021 während der „Indo-German Start-up Week“ seines Partners German Indian Startup Exchange Program (GINSEP) ein virtuelles Kamingespräch über Herausforderungen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vermarktung von Forschungsergebnissen an. Besondere ­Perspektivenvielfalt zum Thema erreichte zudem ein vom DWIH Neu-Delhi initiiertes Online-­Event im Oktober 2021, bei dem auch die DWIH New York, São Paulo, Moskau und Tokyo vertreten waren. Unter dem Titel „Go Global with your Start-ups“ informierten die Häuser die deutsche Gründerszene in nur einer Stunde unterhaltsam über die Innovationsökosysteme in Indien, den USA, Brasilien, Russland und Japan.

Mit dem Onlineformat „Incubators Connect“ bietet das DWIH Neu-Delhi nun außerdem Vernetzungsmöglichkeiten für diejenigen Zentren an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland und Indien, die sich ihrerseits um Ausgründungsprozesse kümmern und unternehmerisches Denken bei Studierenden wie Forschenden fördern. Ziel von „Incubators Connect“ ist der länderübergreifende Austausch dieser Inkubatoren über erfolgreiche Praxisbeispiele und die Förderung der Diskussion zum Thema Gründungshilfen für wissenschaftsbasierte Start-ups. „Bereits die Auftaktveranstaltung vernetzte rund 60 Institutionen auf der Plattform, die sich untereinander auch in Eins-zu-eins-Gesprächen kennenlernen konnten“, so Aadishree Jamkhedkar.

„Als DWIH unterstützen wir den Technologietransfer“, betont Katja Lasch. „Folgerichtig ermöglicht auch unser neues Format ‚Incubators Connect‘ die Fokussierung auf Ausgründungen an Hochschulen und außer­universitären Forschungseinrichtungen.“ Um Gründerinnen und Gründer aus dem wissenschaftlichen Umfeld zu erreichen, Existenzgründungen konkret zu begleiten oder auch beim Ausbau ihrer internationalen Netzwerke zu helfen, sei der Weg über die Inkubatoren sehr zielführend, macht die DWIH-Direktorin deutlich. „Die Unterstützung von internationalen Gründungsprozessen im Schulterschluss mit den Inkubatoren anzubieten, folgt dem Interesse aller Beteiligten.“ Zu diesem Schluss führten unter anderem Brainstorming-Treffen mit ausgewählten Inkubatoren und Start-ups aus Indien und Deutschland, welche das DWIH Neu-Delhi im Zuge der Systematisierung des eigenen Angebots ebenfalls 2021 organisierte. „Im Ergebnis konnten wir unsere Rolle als DWIH noch einmal deutlich schärfen“, sagt Katja Lasch. „Wir verfolgen und bieten den Aufbau eines qualitätsgesicherten Netzwerks, der in diesem Bereich dringend gebraucht wird.“

Deutlich wurde 2021 auch, dass ein Angebot kleiner, thematisch fokussierter Veranstaltungen für die Unterstützung wissenschaftsbasierter Start-ups gewinnbringender und effektiver ist als breiter aufgestellte Informationsangebote. Daher wird das DWIH Neu-Delhi 2022 themenspezifische Workshops gemeinsam mit Inkubatoren für Gründerinnen und Gründer durchführen – zum Beispiel zum Thema Patente im Bereich Life Sciences oder Künstliche Intelligenz (KI). „Das ist das große Learning aus unserer systematischen Arbeit“, fasst Katja Lasch zusammen. „Anstelle von breit gefächerten, aber eher allgemeinen Angeboten an Start-ups erreichen wir mit gut aufeinander abgestimmten, fokussierten Formaten und gemeinsam mit Inkubatoren die Zielgruppe wesentlich besser und bringen die passenden Partner zusammen.“

Go Global with your Start-ups: Video

Autorin
Bettina Mittelstraß
Programmkoordinatorin Aadishree Jamkhedkar bei der Netzwerkarbeit für „Innovators Connect“
Programmkoordinatorin Aadishree Jamkhedkar bei der Netzwerkarbeit für „Innovators Connect“
Schließen
Zum Anfang

Drei Fragen an Prof. Dr. Deva Priyakumar, Experte für Maschinelles Lernen in Chemie und Biologie am International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad

 Prof. Dr. Deva Priyakumar, Experte für Maschinelles Lernen in Chemie und Biologie   am International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad
Prof. Dr. Deva Priyakumar, Experte für Maschinelles Lernen in Chemie und Biologie am International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad
Vollbild
Professor Priyakumar, Sie nutzen das Potenzial großer Datenmengen für die Gesundheitsversorgung. Welche Chancen sehen Sie angesichts der Corona-Pandemie?
Die Bedeutung von Technologie im Gesundheitswesen ist während der Pandemie exponentiell gewachsen. KI und andere datengetriebene Technologien spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose, der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen sowie für unser Verständnis von Epidemiologie und Virologie. Am International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad haben wir schon früh damit ­begonnen, Daten über die Pandemie zu sammeln. Das hat sich in den Bereichen Risiko-Ein­schätzung, Sterblichkeitsprognose und Medika­menten­entwicklung bereits als sehr hilfreich erwiesen. Große Datenmengen und Algorithmen sind entscheidend dafür, Muster zu finden, die sonst leicht übersehen werden.

Im Juli 2021 sprachen Sie auf dem Web-Talk „AI in Healthcare“ des DWIH Neu-Delhi. Was haben Sie aus der Veranstaltung mitgenommen?
Zum einen konnte ich das DWIH Neu-Delhi besser kennenlernen und mehr darüber erfahren, wie es Innovatoren aus Indien, Deutschland und anderen Ländern zusammenbringt, damit sie zum Nutzen der Wissenschaft und neuer Technologien kooperieren können. Der „AI in Healthcare“-Web Talk war ein sehr interessanter Austausch mit anderen Fachleuten auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz aus Deutschland und Japan. Unter ­anderem haben wir uns über mögliche Koopera­tionen mit unserer Initiative IHub-Data am IIIT ­ausgetauscht, mit der wir uns auf Datenspeicherung, -analyse und dienstleistungen konzentrieren.

Wie können Indien und Deutschland im Feld der Künstlichen Intelligenz voneinander lernen?
Deutschland ist traditionell ein Vorreiter in Wissenschaft und Forschung, und ich schätze die Kontakte sehr, die durch die Arbeit des DWIH Neu-Delhi ermöglicht werden. Es gibt hervorragende Chancen für Deutschland und Indien, in verschiedenen Bereichen der Künstlichen Intelligenz zusammenzuarbeiten, insbesondere in der angewandten Forschung, etwa im Gesundheitswesen. Die Anzahl der Studierenden, die in Indien im Bereich der Künstlichen Intelligenz ausgebildet werden, ist beispiellos. Bei IHub-Data bieten wir unter anderem den 36-wöchigen Kurs „Foundations of Modern Machine Learning“ und Kurse zu maschinellem Lernen in der Medikamentenentwicklung an. Es gibt einen riesigen Talentpool in Indien mit großem Potenzial für zukünftige Kooperationen.

Interview
Johannes Göbel
 Prof. Dr. Deva Priyakumar, Experte für Maschinelles Lernen in Chemie und Biologie   am International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad
Prof. Dr. Deva Priyakumar, Experte für Maschinelles Lernen in Chemie und Biologie am International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad
Schließen
Zum Anfang

DWIH New York

Direktor
Benedikt Brisch (DAAD)

Programmkoordinator
Dr. Jan Lüdert

Beiratsvorsitzender
Professor Dr. Kurt H. Becker
(NYU Tandon School of Engineering)

Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus New York
871 United Nations Plaza
New York, NY 10017, USA

Kontakt
info@dwih-newyork.org
www.dwih-newyork.org

Unterstützer des DWIH New York
www.dwih-newyork.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Benedikt Brisch, Direktor des DWIH New York
Benedikt Brisch, Direktor des DWIH New York
Vollbild
„Die Vereinigten Staaten und Deutschland haben ein enges Verhältnis. Aber die Wissenschafts-, Wirtschafts- und Inno­vationskulturen weisen große ­Unterschiede auf. In den USA ist es möglich, sehr viel sehr schnell in die Umsetzung zu bringen – das wird von deutscher Seite geschätzt. In Deutschland agiert man dagegen zurückhaltender und dabei auch gründlicher, was wiederum von US-amerikanischer Seite als Stärke angesehen wird. Diese unterschiedlichen Denkweisen zusammenzubringen, ist unsere Aufgabe.“

Benedikt Brisch


Im Jahr 2021 konnte das DWIH viele Aktivitäten wieder aufnehmen, die vorher pandemiebedingt eingeschränkt waren. „Unser Hauptanliegen ist es ja, den transatlantischen Diskurs von Wissenschaft und Wirtschaft voranzubringen – besonders wenn es darum geht, große Herausforderungen wie die Pandemie oder den Klimawandel anzugehen“, so Benedikt Brisch, Direktor des DWIH. „Und dabei hat der Regierungswechsel hier in den USA eine klare Wende gebracht. Die neue US-Regierung hat sehr deutlich gemacht, dass sie der Wissenschaft in der Gesellschaft eine zentrale Rolle zuspricht. Also haben wir versucht, diesen Rückenwind für unsere Zwecke zu nutzen.“

In diesem Zusammenhang ist sowohl für die US- als auch die deutsche Regierung die ­Frage der Innovationsförderung zentral. Während die USA Investitionen in Forschung und Entwicklung hochfahren, um nicht ­hinter China zurückzufallen, sieht auch Deutschland die Notwendigkeit, mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren – etwa um Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schneller in die Anwendung zu bringen. „A New Era for Research and Innovation? Innovation Policy in the USA and ­Germany After the Pandemic“ lautete die Überschrift eines Web-Talks, zu dem das DWIH New York im Juli 2021 drei Fachleute aus beiden Ländern zusammenbrachte: Kathleen Kennedy, Executive ­Director des MIT Center for Collective Intelligence, ­Professorin Rena Conti, Associate Research Director of Biopharma and Public Policy am Institute for Health System Innovation and Policy der Boston University und Professor Georg Krausch, Präsident der Johannes ­Gutenberg-Universität Mainz. „Ein besonders spannender Punkt war zu überlegen, in welchem Wechselverhältnis Kooperation und Wettbewerb eigentlich stehen“, so Benedikt Brisch. „Müsste man beides vielleicht sogar zusammendenken, im Sinne einer Coopetition, um zu den besten Ergebnissen zu kommen?“

Unverzichtbar für Innovationsschöpfung ist die Würdigung wissenschaftlicher Fakten, auch im Sinne einer zukunftsfesten ­zwischenstaatlichen Beziehungsarbeit. Mit diesem Thema beschäftigte sich die Online-Diskussion „‚Knowledge Diplomacy‘ in Times of Disruption and Beyond“ am 22. Juli 2021. Dr. Esther Brimmer, Geschäftsführerin der Association of International Educators NAFSA, und Dr. Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, gingen zusammen der Frage nach, inwieweit die Diplomatie durch die zunehmende Wissenschaftsbasiertheit der Politik vielleicht eine neue Sprache gefunden hat, die über die klassische Ebene kultureller ­Verständigung hinausgeht. Und wenn ja, wie kann man überhaupt garantieren, dass eine wissenschaftliche Aussage fundiert ist? „Es gab einen großen Konsens, dass man die Wissenschaft noch mehr in die Politikgestaltung einbinden und dabei einen besonderen Wert auf öffentliche Vermittlung wissenschaftlicher Fakten legen sollte“, sagt Benedikt Brisch.

Eine Wissenschaftlerin, die beispielhaft für diese Vermittlung steht, ist die Klimaforscherin Professorin Friederike Otto. Am Grantham Institute for Climate Change des Imperial College London forscht sie zu ­Extremwetter und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Mit dem von ihr mit­entwickelten neuen Feld der Zuordnungswissenschaft („Attribution Science“) ist es möglich, den Anteil des Klimawandels an katastrophalen Wetterereignissen in Echtzeit zu berechnen. Ottos 2019 erschienenes Buch „Wütendes Wetter“ wurde zum Bestseller. Am DWIH New York stellte sie im Rahmen der dreiteiligen Reihe „Business, Sci­ence, Culture: Climate Edition“ ihre Forschung vor. „Wir fanden Friederike Ottos Schlagwort vom ‚wütenden Wetter‘ ein tolles Beispiel für gelungene Wissenschaftskommunikation“, sagt Benedikt Brisch. „Damit können die Menschen direkt etwas anfangen. Und das ist bei einer solch komplexen Herausforderung wie dem Klimawandel ein erster, wichtiger Schritt.“

Wir müssten uns, so ein zentraler Punkt Friederike Ottos in ihrem Vortrag, nicht nur um direkte Lösungen bemühen, sondern auch um Anpassungen an den bereits stattfindenden Wandel. Genau dies war auch zentrales Thema beim FUTURE FORUM 2021 des DWIH New York, das am 14. und 15. Oktober als hybride Veranstaltung online und in Chicago stattfand. Unter dem Titel „Before After“ lag der Fokus auf dem DWIH-Schwerpunktthema 2021: „Gesellschaft im Wandel: Auswirkungen der Pandemie“. „Wir wollten Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen, um gemeinsam zu überlegen, wie wir als Gesellschaft resilienter werden ­können“, so Benedikt Brisch. Auf große Resonanz stieß dabei ein Panel, das unter der Rubrik „Unusual Pairings“ stattfand und eine Partnervermittlerin aus Chicago mit ­einem deutschen Experten für Telehealth-­Anwendungen zusammenbrachte. Unter dem Titel „Opening Up Virtually: Sharing Intimate Details Across Virtual Borders“ ging es um die spannende Frage, wie die Online-Arztsuche von Mechanismen des Matchmakings bei Dating-Apps profitieren könnte. Dass der kreative wissenschaftliche und unternehmerische Austausch zwischen den transatlantischen Partnern weiterhin auf guten Füßen steht, dafür bürgt nach ­Benedikt Brischs Einschätzung auch die neue, 2021 gewählte deutsche Bundesregierung. „Es ist schön zu sehen, wie groß die Schnittmengen zwischen den USA und Deutschland sind – und wie gut damit die Voraussetzungen der Zusammenarbeit in den nächsten Jahren.“

Autor
Klaus Lüber
Benedikt Brisch, Direktor des DWIH New York
Benedikt Brisch, Direktor des DWIH New York
Schließen
Zum Anfang

NEUE PERSPEKTIVEN

Programmkoordinatorin Dr. Kathrin DiPaola: ­„Innovationen schneller in die Anwendung bringen“
Programmkoordinatorin Dr. Kathrin DiPaola: ­„Innovationen schneller in die Anwendung bringen“
Vollbild
Als ehemalige Geschäftsführerin eines Start-ups weiß Dr. Kathrin DiPaola, wie entscheidend es ist, so schnell wie möglich über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich international zu orientieren. „Das ist insbesondere in Deutschland eine Herausforderung, gerade bei Universitäts-Ausgründungen“, so die Programmkoordinatorin des DWIH New York im Jahr 2021. „Deutschland bietet mit Programmen wie EXIST gute Möglichkeiten der Anschubfinanzierung. Aber anschließend muss man schauen, wo man bleibt.“ Hinzu komme, dass der Hochschulkontext nicht unbedingt dazu einlade, früh groß zu denken. „Statt sich zu überlegen, wo denn überhaupt die potenziellen Märkte sind, haben viele regelrecht Scheuklappen auf und basteln lieber weiter an ihrem Produkt.“

Start-ups stärken in New York

Um dies zu ändern, hat das DWIH New York gemeinsam mit der Auslandshandelskammer New York im November 2021 das STEP USA University Program gestartet. In einem einwöchigen virtuellen Bootcamp konnten sich ausgewählte Ausgründungen deutscher Universitäten auf einen potenziellen Markteintritt in den USA vorbereiten. Themen waren etwa die US-amerikanische Venture-Capital-Szene, rechtliche Rahmenbedingungen oder der Austausch mit einem bereits auf dem US-Markt erfolgreichen Start-up. Für Kathrin DiPaola war das neue Format auch deshalb ein Highlight, weil es konkrete Instrumente zur Umsetzung von Ideen vermitteln konnte. „Wir können die Herausforderungen der Zukunft nur dann meistern, wenn wir Innovationen schneller in die Anwendung bringen.“ Für 2022 ist ein Vor-Ort-STEP-Programm geplant.

Programmkoordinatorin Dr. Kathrin DiPaola: ­„Innovationen schneller in die Anwendung bringen“
Programmkoordinatorin Dr. Kathrin DiPaola: ­„Innovationen schneller in die Anwendung bringen“
Schließen
Zum Anfang

GUTE GESCHICHTEN

 Mit Geschichten Interesse wecken:  Diskussionsrunde beim FUTURE FORUM 2021 des DWIH New York
Mit Geschichten Interesse wecken: Diskussionsrunde beim FUTURE FORUM 2021 des DWIH New York
Vollbild
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden erst dann zu echten Innovationen, wenn sie gesellschaftliche Akzeptanz erfahren. Dafür müssen die Menschen sie verstehen können. Natürlich nicht im Detail, aber zumindest in groben Zügen. Erst dann entsteht das notwendige Vertrauen. „Am besten funktioniert das, wenn Sie Ihre Forschung als Geschichte erzählen können“, berichtet Solène Wolff. „Leider nutzen viele deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Möglichkeit aktuell noch eher selten.“

Als Journalistin und Beraterin in den Feldern Ökologie und Urbanismus setzt Wolff selbst seit Jahren auf Methoden des Storytellings, um komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge für ein breites Publikum auf den Punkt zu bringen. Wie gut das funktioniert, konnte sie schon 2020 in einem Vortrag beim FUTURE FORUM des DWIH New York unter Beweis stellen. „Als wir uns bei der Jahresplanung dachten, wir müssten unbedingt etwas zum Thema Wissenschaftskommunikation anbieten, lag es nahe, Solène als Workshopleiterin anzufragen“, sagt Dr. Kathrin DiPaola, im Jahr 2021 Programmkoordinatorin des DWIH New York.

In dem von Solène Wolff geleiteten „Science Storytelling Workshop“, der am 15. Juni virtuell stattfand, versammelten sich 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und den USA, um gemeinsam die nötigen Techniken zu erlernen. „Wir wollten so etwas wie eine Toolbox bereitstellen, die jeder in seinem Alltag anwenden kann“, so DiPaola. Schnell offenbarten sich auch die Gründe für die Vorbehalte deutscher Forscherinnen und Forscher. „Viele haben die Befürchtung, ihr Ansehen in der Wissenschaftscommunity zu verlieren, wenn sie Aussagen simplifizieren“, so Wolff. „Dabei kann die Vereinfachung zum Zweck größerer Reichweite enorme Vorteile bringen.“

Stark verinnerlicht haben das dagegen schon die US-amerikanischen Kolleginnen und Kollegen. „Und genau dieses Setting hatten wir uns gewünscht: einen Austausch zwischen zwei unterschiedlichen Wissenschaftskulturen, die beide enorm viel voneinander lernen können“, so Kathrin DiPaola. Eine deutsche Forscherin merkte zum Beispiel etwas schüchtern an, außerhalb ihres Fachkreises würde sich ja ohnehin niemand für ihr Thema interessieren: kleine Würmer, die im Polareis leben – woraufhin die Fragen im Chat explodierten. „Es war toll zu sehen, wie manche Teilnehmenden plötzlich merkten: Meine Forschung ist für viele spannend. Ich muss nur den Mut und die Möglichkeiten haben, davon zu erzählen.“

UM DAS INTERESSE KÄMPFEN

Gerade in den letzten Jahren habe sich immer stärker gezeigt, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst aktiv werden müssen, um ihre Erkenntnisse zu kommunizieren, sagt Solène Wolff. „Lange dachte man, wissenschaftliche Erkenntnis würde quasi wie von selbst unter die Leute kommen – vermittelt durch die Medien. Inzwischen wissen wir, dass das nicht reicht. Man muss regelrecht dafür kämpfen, die Öffentlichkeit für wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen.“

Mit über 300 Anfragen war der Andrang zum „Science Storytelling Workshop“ so groß, dass das DWIH New York noch ein weiteres Workshop-Format anbot: Am 20. Juli startete der Science Story Exchange (SSX), eine Veranstaltungsreihe, die auch 2022 fortgeführt wird. In einem Open Call können sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler bewerben, die dann nach dem Zufallsprinzip zusammengebracht werden. Zum ersten Austausch über Wissenschaftskommunikation trafen sich Fazilet Bekbulat, Doktorandin am Institut für Pathobiochemie der Universität Mainz, und Dr. Shawana Tabassum, Assis­tant Professor im Bereich Elektrotechnik an der University of Texas at Tyler. „Jetzt starten sie vielleicht sogar ein gemeinsames Projekt“, erzählt Kathrin DiPaola.

Dass gute Wissenschaftskommunikation auch immer auf der verständlichen Vermittlung von Daten beruht, griffen die Workshops „Speak Data“ (22. Juni) und „Telling Stories with Data“ (20. August) auf. Für „Speak Data“ konnte man die renommierte Künstlerin Giorgia Lupi gewinnen, die ihre Workshop-Teilnehmenden dazu ermunterte, jenseits von Tortendiagrammen kreativ zu werden. Unter der Leitung von Professor Daniel Sauter von der Parsons School of Design ermöglichte es „Telling Stories with Data“ Teilnehmenden auf Einladung der DWIH New York und Tokyo, Ideen zur Datenvisualisierung gemeinsam zu entwickeln und diese zu diskutieren. „Wissenschaftskommunikation liegt uns wirklich sehr am Herzen“, so Kathrin DiPaola. „Ich bin mir sicher, dass das Thema das DWIH New York auch in Zukunft noch beschäftigen wird.“

Autor 
Klaus Lüber
 Mit Geschichten Interesse wecken:  Diskussionsrunde beim FUTURE FORUM 2021 des DWIH New York
Mit Geschichten Interesse wecken: Diskussionsrunde beim FUTURE FORUM 2021 des DWIH New York
Schließen
Zum Anfang

Drei Fragen an Dr. Katja Simons, Geschäftsführerin von Campus OWL in New York

 Dr. Katja Simons, Geschäftsführerin von Campus OWL in New York
Dr. Katja Simons, Geschäftsführerin von Campus OWL in New York
Vollbild
Frau Dr. Simons, im Juni 2021 hat das New Yorker Verbindungsbüro von Campus OWL, dem Verbund der fünf staatlichen Hochschulen in Ostwest­falen-Lippe im Nordwesten Deutschlands, gemeinsam mit dem DWIH New York den Web-Talk „Post-Pandemic Public Spaces“ veranstaltet. Wie kam es dazu?
Wir fanden die Frage, wie sich die Bedeutung des öffentlichen Raumes durch die Corona-Pandemie verändert hat, sehr spannend und die Gelegenheit reizvoll, dieses Thema in einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem DWIH New York und vor Publikum zu diskutieren. Campus OWL zählt schon länger zu den Unterstützern des DWIH. Elizabeth Sikiaridi, Professorin an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe und Leiterin des Masterprogramms Sustainable Landscape Design and Development, hat ein Konzept entworfen, das wir dann mit weiteren Expertinnen aufgegriffen haben.

Wen konnten Sie für die Diskussion noch gewinnen?
Die Soziologin Dr. Mona Sloane vom NYU Center for Responsible AI, eine Expertin für Künstliche Intelligenz und Ungleichheit, und Dr. Harriet Harriss, Architektin und Dekanin der Pratt School of Architecture in Brooklyn, erörterten zusammen mit Elizabeth Sikiaridi, wie Menschen trotz hoher, digitaler Individualisierung in öffentlichen Räumen zusammenkommen können, auch über gesellschaftliche Grenzen hinweg. Die Pandemie hat das Bedürfnis nach Plätzen zu Aktivität und Erholung im Freien verstärkt. Die Bedeutung solcher Orte für das körperliche und seelische Wohlbefinden ist nicht zu unterschätzen. Das DWIH bietet eine offene Plattform für den kreativen Austausch rund um innovative Ideen. Über das erweiterte DWIH-Netzwerk und spannende Schwerpunktthemen lassen sich neue Kontakte knüpfen.

Konnte der Web-Talk den deutsch-amerikanischen Austausch auch über die Veranstaltung ­hinaus stärken?
Ja, es hat sich tatsächlich ein längerfristiger Austausch zwischen den Kolleginnen und Kollegen der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe und der Pratt School of Architecture entwickelt. Letztere haben Interesse an dem Masterprogramm Sustainable Landscape Design and ­Development gezeigt und überlegen, etwas Ähnliches in New York aufzubauen. Eine Besonderheit des Studiengangs sind seine Bezüge zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) wie bei Klimawandel, Biodiversität, Ernährungssicherheit oder auch Migration. Sollte sich ein ähnlicher Studiengang an der Pratt School of Architecture etablieren, sind künftig auch entsprechende Austauschprogramme zwischen beiden Hochschulen vorstellbar.

Interview
Johannes Göbel
 Dr. Katja Simons, Geschäftsführerin von Campus OWL in New York
Dr. Katja Simons, Geschäftsführerin von Campus OWL in New York
Schließen
Zum Anfang

Direktor
Dr. Jochen Hellmann (DAAD)

Programmkoordinator
Marcio Weichert

Beiratsvorsitzender
Sören Metz (Technische Universität München)

Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo
Rua Verbo Divino, 1488 – Térreo
04719-904 São Paulo – SP, Brasilien

Kontakt
info@dwih-saopaulo.org
www.dwih-saopaulo.org

Unterstützer des DWIH São Paulo
www.dwih-saopaulo.org/de/netzwerk/unterstuetzer/

Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Dr. Jochen Hellmann, Direktor des DWIH São Paulo
Dr. Jochen Hellmann, Direktor des DWIH São Paulo
Vollbild
„Innovationen entstehen oft in Krisen, weil eine Mangelsituation überhaupt erst nach neuen Wegen suchen lässt. Der pandemiebedingte Mangel an analoger Kommunikation ermöglichte es, dass das DWIH São Paulo 2021 dank neuer virtueller Formate in alle geografischen Ecken Brasiliens ausstrahlen und noch viel mehr interessierte Menschen erreichen konnte. Die neue Nachdenklichkeit über Kommunikation führte zugleich zu der strategisch bedeutsamen Einsicht, dass physische Mobilität nicht substituiert werden kann.“

Dr. Jochen Hellmann

„Hervorragende Teamarbeit“ fällt Marcio Weichert ein, wenn der Programmkoordinator des DWIH São Paulo auf 2021 zurückblickt. Denn das zweite Pandemiejahr konfrontierte das DWIH-Team erneut mit einer unübersichtlichen Planungssituation. „Die Pandemie hat Brasilien mit besonderer Wucht getroffen und gesundheitliche und ökonomische Schäden hervorgerufen, die auch die Wissenschaft und Unternehmen stark betroffen haben“, erklärt Dr. Jochen Hellmann, Direktor des DWIH. Umso bemerkenswerter sind die 21 Ver­anstaltungsprojekte, die – größtenteils ­virtuell – von und mit dem DWIH São Paulo initiiert, durchgeführt oder unterstützt ­werden konnten.

Im DWIH-Schwerpunktthema 2021 spiegelte sich, was letztlich auch das Team täglich beschäftigte: „Gesellschaft im Wandel: Auswirkungen der Pandemie“. Dazu organisierte das DWIH beispielsweise an drei Tagen im November Veranstaltungen in der erfolgreichen DSPOTs-Reihe (DWIH São Paulo Online Talks). Jeweils zwei Gäste berichteten aus brasilianischer beziehungsweise deutscher Sicht über die Auswirkungen der Pandemie auf soziale Ungleichheit und Gesundheit, Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität. „Die DSPOTs-Reihe konnte so auch aktuelle Forschungsergebnisse vermitteln“, hebt Marcio Weichert hervor.

Ein zentrales Forschungsergebnis zu den Auswirkungen der Pandemie war zum Beispiel die weltweite Beschleunigung von sozialer Ungerechtigkeit. Lena Lavinas, Professorin des Instituts für Wirtschafts­wissenschaften der staatlichen Universität von Rio de Janeiro, verdeutlichte, wie sehr in Brasilien private Finanzgeschäfte die soziale Ungleichheit unter anderem im Wohnungsmarkt und im Gesundheitsbereich vorantrieben. Professor Till Bärnighausen vom Institute of Public Health der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg bestätigte: „Die Pandemie hat die Ungleichheit in dieser Welt, die von der Ungleichheit im Gesundheitssektor getrieben wird, noch akzeleriert und verstärkt.“

Das Thema Gesundheit prägte 2021 auch den Wettbewerb Falling Walls Lab Brazil. Unter 56 Vorschlägen junger Forschender zeichnete die Jury drei aus, die Lösungen im Gesundheitsbereich präsentierten. Innovator des Jahres wurde Georges Khouri, Masterstudent in Biotechnologie an der staatlichen Universität von Londrina, der zur Falling Walls-Endrunde in Berlin reisen durfte. Er präsentierte den Prototypen eines Multi-Tests, mit dem Diagnosen von Chagas, Leishmaniose und Malaria schnell und kostensenkend mit nur einem Gerät durchgeführt werden können. Khouri gewann außerdem im November 2021 den Publikumspreis des Pitch-Wettbewerbs am Ende der unter dem Dach von „Research in Germany“ stattfindenden Innovation Week von DAAD und TU9, dem Zusammenschluss führender Technischer Universitäten in Deutschland.

Einen Schnelltest entwickelte auch das Start-up Hilab aus dem brasilianischen Bundesstaat Paraná, das 2021 den Wettbewerb „Gesünderes Leben – Lösungen für Menschen, Gesellschaften und Umwelt“ des Programms Startups Connected gewonnen hat. Hilab überzeugte mit einer Box, die als mobiles ­Minilabor gründliche Covid-19-Tests ermöglicht und das Ergebnis digital nach nur 25 Minuten liefert. Dank der Auszeichnung kann das Unternehmen am Förderprogramm der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer (AHK São Paulo) teilnehmen und das Kontaktnetzwerk des DWIH São Paulo nutzen. Jochen Hellmann betont: „Aktuell haben wir in Brasilien mehr sogenannte Einhörner, also erfolgreiche Start-ups, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind, als in Deutschland. Es lohnt sich, mit Brasilien engere Beziehungen zu knüpfen.“

Mit den Auswirkungen der Pandemie beschäftigte sich 2021 auch das vom DWIH São Paulo geförderte Deutsch-Brasilianische Forum für digitale Bildung. Die Digitalisierung der Lehre gehört zu den großen Transformationen, die von der Corona-Pandemie beschleunigt wurden. „Covid-19 hat ein Gefühl der Dringlichkeit im Hinblick auf das Überdenken konventioneller Hochschulmodelle erzeugt und einen neuen virtuellen Kontext geschaffen, den die Hochschuleinrichtungen nicht ignorieren können“, betonte dabei der brasilianische Professor Marcelo Parreira do Amaral vom Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Münster.

Viele andere Transformationen beschleunigt zusätzlich der Klimawandel. Der online ausgerichtete 9. Deutsch-Brasilianische Dialog über Wissenschaft, Forschung und Innovation widmete sich dem Thema „Städte und Klima“ und stellte globale wie lokale Auswirkungen und Anpassungschancen an den Klimawandel in den Mittelpunkt. Die deutsch-brasilianische Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene stärkte auch der virtuelle 4. Klimapolis-Workshop im Dezember 2021. Deutsche und brasilianische Expertinnen und Experten präsentierten Beispiele aus sogenannten „Real World Laboratories“, also aus „Test-Städten“ für Nachhaltigkeit wie Diadema im Bundesstaat São Paulo. Wie sehr die Transformationstreiber Klimawandel und Pandemie die Entwicklung von Städten prägen, zeigte zudem der dritte DWIH São Paulo Online Talk 2021. Dort ging es um mögliche Maßnahmen der Sozialpolitik in Städten unter dem Druck der Pandemie und neue Modelle zur Nutzung des öffentlichen Raums als Ort des gesellschaftlichen Austauschs. Den Wandel, der sich im DWIH São Paulo selbst bemerkbar machte, fasst Jochen Hellmann zusammen: „Es gab 2021 kein Treffen am DWIH São Paulo, an dem nicht die Frage behandelt wurde, wie die Gesellschaft künftig kommunizieren wird.“

Autorin
Bettina Mittelstraß
Dr. Jochen Hellmann, Direktor des DWIH São Paulo
Dr. Jochen Hellmann, Direktor des DWIH São Paulo
Schließen
Zum Anfang

DIGITAL ERFOLGREICH

Programmkoordinator Marcio Weichert: den Klimawandel im Blick
Programmkoordinator Marcio Weichert: den Klimawandel im Blick
Vollbild
„Städte und Klima“ – das Thema bleibt wichtig: Schon 2020 wollte das DWIH São Paulo seine zentrale Veranstaltung, den Deutsch-Brasilianischen Dialog über Wissenschaft, Forschung und Innovation, nach diesem Schwerpunkt ausrichten, doch konnte die 9. Ausgabe des Dialogs pandemiebedingt zunächst nicht stattfinden. 2021 feierte das DWIH dann eine erfolgreiche Premiere: Erstmals fand die Veranstaltung digital statt; vier Tage lang trafen sich die Teilnehmenden zum virtuellen Austausch. „Wir konnten gleich mehrere renommierte Fachleute für den Dialog gewinnen“, berichtet Marcio Weichert, Programmkoordinator des DWIH São Paulo.

Klimadialog in São Paulo

So sprach etwa Thelma Krug, brasilianische Vizepräsidentin des Weltklimarats, auf dem Dialog, ebenso Professor Marcos Buckeridge, Koordinator des USP Global Cities Program an der Universität São Paulo. Aus Deutschland nahm unter anderen Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung teil, einer der angesehensten deutschen Experten in Klima­fragen. „Städte und ihre Bewohnerinnen und Bewohner müssen stärker in den Kampf gegen den Klimawandel einbezogen werden, denn bisher orientieren sich Klimaziele zu sehr an staatlichen und überregionalen Vorgaben“, fasst Marcio Weichert eine Botschaft des Dialogs zusammen. Dieser entfaltet seine Wirkung auch langfristig: Die Aufzeichnung hat das DWIH São Paulo Partnerorganisationen, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung gestellt.

Programmkoordinator Marcio Weichert: den Klimawandel im Blick
Programmkoordinator Marcio Weichert: den Klimawandel im Blick
Schließen
Zum Anfang

EIN NACHHALTIGES NETZWERK

Die Fraunhofer-Innovationsplattform für neue  Ernährungssysteme hat ihren Sitz in São Paulo
Die Fraunhofer-Innovationsplattform für neue Ernährungssysteme hat ihren Sitz in São Paulo
Vollbild
Das Netzwerk des DWIH São Paulo wächst seit zehn Jahren kontinuierlich. Auch 2021 konnte mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Brasilien ein neuer wichtiger Unterstützer gewonnen werden.

„Die GIZ Brasil beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Brasilien, verfolgt viele Projekte mit Universitäten und brasilianischen Forschungsinstitutionen und verfügt selbst über ein großes Netzwerk“, sagt Marcio Weichert. Für den Programmkoordinator des DWIH São Paulo bedeutet das wachsende Netzwerk seines Hauses nicht nur viele neue Möglichkeiten, sondern auch eine Stärkung des DWIH-Angebots zum Thema Nachhaltigkeit. „Die GIZ wie auch die Fraunhofer-Gesellschaft als langjährige Unterstützerin erweitern unsere Programmarbeit in Brasilien um wichtige Themen­bereiche wie Bioökonomie und umweltfreundliche Energiequellen.“

Schon seit zehn Jahren arbeitet zum Beispiel das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) mit dem Institut für Lebensmitteltechnik des Bundesstaates São Paulo (ITAL) in Campinas im Rahmen eines Fraunhofer-Projektzentrums zusammen. Von Anfang an unterstützte das DWIH diese Aktivitäten, bei denen 14 bilaterale Forschungs- und Entwicklungsprojekte (F&E) an den Start gebracht werden konnten. Von elf Projekten im Bereich Bioöko­nomie wurden allein 2021 vier deutsch brasilianische Projekte im Rahmen von CORNET, dem Transnationalen Netzwerk für Industrielle Gemeinschaftsforschung, neu bewilligt. Dank seines Erfolges erhielt das Projektzentrum im November 2021 eine Art Upgrade und wurde von der Fraunhofer-Zentrale zu einer Fraunhofer Innovation Platform for New Food Systems am ITAL (FIP-NFS@ITAL) umgewandelt. „Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg der Aktivitäten war die Zentralisierung der vom DWIH geförderten Diskussionen, seine Unterstützung von Workshops sowie die Herstellung von Verbindungen zu wichtigen Akteuren aus Wissenschaft und Industrie“, erläutert Alexandre Martins Moreira, Koordinator für Bioökonomie-Projekte am FIP-NFS@ITAL.

NEUE, INTELLIGENTE MATERIALIEN

Die Forschungsthemen der Fraunhofer-Innovationsplattform sind an aktuelle Nachfragen aus der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie in Brasilien und Deutschland angepasst. „Dabei geht es zum Beispiel um neue pflanzliche Proteinquellen für die ­Lebensmittelindustrie und Tiernahrung, gesunde Lebensmittelzutaten aus Nebenströmen der Lebensmittelindustrie, neue Verpackungsmaterialien oder aktive und ­intelligente Verpackungssysteme“, so Martins. Ein weiterer Erfolg ist die im Oktober 2021 bewilligte Finanzierung eines 15. F&E-Projekts im Rahmen der Deutsch-Brasilianischen Bioökonomie-Initiative. „Die Fraunhofer-Gesellschaft wird in Brasilien auch als führende deutsche Organi­sation in der Diskussion um den Grünen Wasserstoff wahrgenommen“, so Marcio Weichert. Mit der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten und von der Fraunhofer-Gesellschaft geleiteten Kampagne „EnergInno Brazil 2022“ werden Forschungskooperationen auf den Weg gebracht. Zahlreiche am DWIH São Paulo für 2022 geplante Vernetzungsveranstaltungen zum Thema wurden bereits 2021 unter Mitwirkung des DWIH São Paulo mit Fraunhofer, der AHK São Paulo und anderen Akteuren angebahnt.

Mit GIZ Brasil hat das DWIH São Paulo nun außerdem einen Akteur an Bord, der das bedeutsame Projekt „Klimaneutrale alternative Kraftstoffe“ (ProQR) für die Luftfahrt durchführt. Es zielt auf dezentrale und ­umweltfreundlichere Produktionsverfahren von Kerosin – zum Beispiel mithilfe von Windenergie oder Photovoltaikanlagen in kleineren Produktionseinheiten, damit Treibstoff vor Ort produziert und nicht über weite Strecken mit Lkw transportiert werden muss. Zu der am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelten Methode wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) didaktisches Material zu Dekarbonisierung der Luftfahrt hergestellt. Um das Wissen über diese Möglichkeiten in die brasilianische Hochschullandschaft zu transferieren, organisierte das DWIH São Paulo mit seiner neuesten Unterstützerorganisation Ende 2021 zwei Webinare. Marcio Weichert betont: „Dank unseres großen Netzwerks konnte die Arbeit an diesem innovativen Thema Dozentinnen und Dozenten aus Brasilien vorgestellt werden, die dieses Wissen weiterverbreiten können.“

Autorin
Bettina Mittelstraß
Die Fraunhofer-Innovationsplattform für neue  Ernährungssysteme hat ihren Sitz in São Paulo
Die Fraunhofer-Innovationsplattform für neue Ernährungssysteme hat ihren Sitz in São Paulo
Schließen
Zum Anfang

Drei Fragen an Prof. Dr. Marcos Buckeridge, Leiter des Instituts für Biowissenschaften der Universität São Paulo

Prof. Dr. Marcos Buckeridge, Leiter des Instituts für Biowissenschaften der Universität São Paulo
Prof. Dr. Marcos Buckeridge, Leiter des Instituts für Biowissenschaften der Universität São Paulo
Vollbild
Professor Buckeridge, als Koordinator des Forschungsprogramms Global Cities der Universität São Paulo widmen Sie sich den weitreichenden Herausforderungen durch den Klimawandel. Was zeichnet für Sie nachhaltige Urbanität aus?
Ich betone immer, dass der systemische Ansatz für Nachhaltigkeitsmaßnahmen die einzige Lösung zur Bekämpfung des Klimawandels ist. In den Städten leben die meisten Menschen; das wird sich im 21. Jahrhundert nicht ändern. Städtische Gebiete, die ich „urbsystems“ nenne, sind nicht unabhängig von ländlichen und industriellen Gebieten. Das bedeutet, dass die Anpassung dieser „urbsystems“ an die Auswirkungen des Klimawandels untrennbar mit der Nachhaltigkeit in den Städten und anderen Systemen wie den Ozeanen, Wäldern und landwirtschaftlichen Gebieten verbunden ist.

Hat die Corona-Pandemie aus Ihrer Sicht den Kampf gegen den Klimawandel erschwert?
In gewisser Weise schon, denn die Pandemie hat uns zwei Jahre lang blockiert. Andererseits hat der Kampf gegen das Coronavirus bewiesen, dass Wissenschaft und Technologie viel schneller Nutzen bringen können als zunächst gedacht. Zu Beginn der Pandemie hieß es, die Produktion von Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 in weniger als zwei Jahren sei unmöglich. Nun wurde die Pandemie schneller unter Kontrolle gebracht, und mancherorts haben wir Impfquoten von über 90 Prozent. Die Tatsache, dass sich mehrere entwickelte Regionen der Welt immer noch gegen den Einsatz von Impfstoffen sträuben, hat uns gelehrt, dass noch etwas fehlt, nämlich ein Verständnis für das enorme Potenzial und den Nutzen der Wissenschaft für die Menschheit.

2021 waren Sie der Keynote Speaker des 9. Deutsch-Brasilianischen Dialogs über Wissenschaft, Forschung und Innovation. Welche Chancen sehen Sie in der deutsch-brasilianischen ­Zusammenarbeit angesichts der Klimakrise?
Neben dem offensichtlichen Austausch von Technologien und Erfahrungen könnte die kulturelle Komplementarität eine der wichtigsten Stärken der Interaktion zwischen Ländern wie Deutschland und Brasilien bei der Bewältigung des Klimawandels sein. Während Deutschland Wert auf Effizienz und Exzellenz in Steuerungsfragen legt, zeichnet sich Brasilien aufgrund seiner stark von der tropischen Vielfalt geprägten Kultur durch ein hohes Maß an Kreativität und das Potenzial zur Anpassung von Technologien an neue Zwecke aus. Ein Dialog zwischen beiden Kulturen könnte neue Qualitäten hervorbringen, die für beide Seiten von Vorteil sind.

Interview
Johannes Göbel
Prof. Dr. Marcos Buckeridge, Leiter des Instituts für Biowissenschaften der Universität São Paulo
Prof. Dr. Marcos Buckeridge, Leiter des Instituts für Biowissenschaften der Universität São Paulo
Schließen
Zum Anfang

Direktorin
Dorothea Mahnke (DAAD)

Programmkoordinatorin
Dr. Laura Blecken

Beiratsvorsitzende
Sabine Schenk
(Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg)

Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo
OAG Haus 4F
7-5-56 Akasaka, Minato-ku,
Tokyo 107-0052, Japan

Kontakt
info@dwih-tokyo.org
www.dwih-tokyo.org

Unterstützer des DWIH Tokyo
www.dwih-tokyo.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo
Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo
Vollbild
„Wir werden Innovationen in Zukunft nicht nur im technischen, sondern auch im sozialen Sinn benötigen. Dieser ganz­heitliche Blick liegt uns im DWIH Tokyo sehr am Herzen. Sowohl Japan als auch Deutschland geht es letztlich um die Frage, wie wir angesichts zahlreicher Herausforderungen gesellschaftlichen Zusammenhalt schaffen und bewahren können. In diesem Sinn verstehen wir uns als Brückenbauer zwischen zwei je ­eigenen Innovationskulturen, die sich gegenseitig ­respektieren und viel voneinander lernen können.“

Dorothea Mahnke

Die Corona-Pandemie prägte 2021 nicht nur die inhaltliche Ausrichtung des DWIH Tokyo, sondern auch das Format der Veranstaltungen. „Uns und unseren Unterstützern war schon in der Jahresplanung klar: Große Events in Präsenz wird es während der Pandemie nicht geben“, berichtet Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo. „Wir beschlossen stattdessen, mehrere kleinere Online-Veranstaltungen anzubieten und damit auch die Chance zu nutzen, die große thematische Diversität unseres umfangreichen Partnernetzwerks abzubilden.“

Ein Ergebnis war das 2021 neu gestartete Format der „Coffee Talks“. In etwa einstündigen, moderierten Online-Diskussionen präsentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Japan ihre Arbeit und tauschten sich zu Forschung und Innovation aus. „Wir wollten vom Setting der ­etablierten Online-Podiumsdiskussionen wegkommen und ein neues, lebhaftes und ansprechendes Format schaffen“, so Axel Karpenstein, der bis Herbst des Jahres die Programmkoordination des DWIH Tokyo verantwortete. „Unser Ziel war es, das Angebot für die Teilnehmenden so niedrigschwellig wie möglich zu halten.“ Insgesamt sechs dieser von bis zu 200 Zuhörerinnen und ­Zuhörern besuchten Online-Austauschformate veranstaltete das DWIH Tokyo 2021. Während fünf Coffee Talks sich spezifischen Themen widmeten, etwa der Arbeitswelt der Zukunft, Künstlicher Intelligenz oder dem Energieträger Wasserstoff, setzte das erste Event am 9. März den thematischen Rahmen, auf dessen Basis viele der Diskussionen stattfanden. Zusammen mit Fumikazu Sato, Vizedirektor für Wissenschaft, Technologie und Innovation des japanischen Kabinettsbüros, und Dr. Lothar Mennicken, Leiter des Referats Wissenschaft und Technologie der Deutschen Botschaft in Tokyo, wurde die neue wichtige Rolle von Innovation in den Wissenschaftsförderstrategien der japanischen und deutschen Regierung beleuchtet. Der Zeitpunkt war bewusst gewählt, veröffentlichte doch die japanische Regierung im selben Monat ihren 6. Basisplan für Wissenschaft, Technologie und Innovation.

„Noch nie tauchte in den Basisplänen der Begriff Innovation so explizit auf“, erklärt Axel Karpenstein. „Das war für uns als Vermittler zwischen deutschen und japanischen Forschungsaktivitäten natürlich besonders interessant, denn auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, Innovationen noch stärker zu fördern.“ Japan, so erklärte Fumikazu ­Sato, wolle mit dem neuen Basisplan die Weichen stellen für eine Transformation der Gesellschaft in eine datenbasierte „Society 5.0“, die technologische Innovationen sinnvoll nutzt, um komplexen Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. „Wir müssen dringend dafür sorgen, dass technologische Entwicklungen schneller in die Anwendung kommen“, bekräftigte Lothar Mennicken, durchaus auch mit Blick auf die deutsche Forschungslandschaft.

Wie können uns Innovationen dabei helfen, komplexe Probleme anzugehen? Die Frage ist zentral für die Arbeit des DWIH Tokyo. Dorothea Mahnke hebt hervor: „Unsere Stärke liegt darin, einen Dialog zwischen Deutschland und Japan herzustellen. Diese zwei eigentlich recht ähnlichen Gesellschaften pflegen gerade in der Bewältigung von Krisen unterschiedliche Herangehensweisen – und können dabei auch viel voneinander lernen.“ Besonderes deutlich werde dies in der primär durch die Corona-Krise ausgelösten Debatte um Resilienz: Japan sei auch deshalb gut durch die Krise gekommen, weil die Gesellschaft auf ein kulturell tief verwurzeltes Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft und eine große Erfahrung im Umgang mit einschneidenden ­Katastrophen zurückgreifen könne. Dieses Thema griff das DWIH Tokyo mit dem ­Symposium „Die Krise bewältigen – psychosoziale Auswirkungen der Pandemie“ auf, das am 10. Juni 2021 stattfand und zu den herausragenden Veranstaltungen des Jahres zählte.

Auch das Thema Künstliche Intelligenz, das seit Start der japanisch-deutsch-französischen KI-Symposien im Jahr 2018 zu den Schwerpunkten des DWIH Tokyo gehört, prägte 2021 einige Veranstaltungen. Im Coffee Talk „AI and its Role in Learning, Memory, and Deci­sion-Making“ (6. Juli) warfen Dr. Nicolas Schuck (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) und Dr. Mingbo Cai (International Research Center for Neurointelligence an der Universität Tokyo) einen Blick auf die Wechselbeziehung zwischen Neurowissenschaften und KI. In „The Ethics of AI“ (6. Dezember) gingen Professorin Shoko Suzuki (Univer­sität Kyoto) und Professorin Ute Schmid (Universität Bamberg) der Frage nach, wie die Forschung helfen kann, die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen von KI zu ergründen.

Wie viele innovative Ideen und Lösungsansätze es in Deutschland und Japan gibt, wurde bei der fünften Ausgabe der Start-up-Messe TechBIZKON am 7. Dezember deutlich, die von der Deutschen Industrie- und Handelskammer Japan (AHK Japan) in Co-­Organisation mit dem DWIH Tokyo veranstaltet wurde. Junge Gründer aus Belgien, Deutschland, Italien, Japan und Österreich präsentierten ihre Ideen zur Bewältigung der Klimakrise in einem Pitch-Wettbewerb. Den ersten Platz sicherte sich ein Start-up aus Deutschland, das eine Lösung zur präzisen Messung der Luftqualität vorstellte. „Gerade weil die Klimakrise immer bedrohlicher wird, war es sehr ermutigend zu sehen, wie viele Möglichkeiten es dennoch gibt, ­gegenzusteuern“, so DWIH-Programmkoordinatorin Dr. Laura Blecken. „Diese Diskussionen werden wir weiterführen.“

Autor
Klaus Lüber
Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo
Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo
Schließen
Zum Anfang

HERAUSFORDERUNGEN BEGEGNEN

Axel Karpenstein: neue Ideen im Blick
Axel Karpenstein: neue Ideen im Blick
Vollbild
Mit der Kraft der Innovation die Herausforderungen unserer Zeit angehen – darin sieht Axel Karpenstein, der bis Herbst 2021 die Programmkoordination im DWIH Tokyo verantwortete, die Kernbotschaft des neuen japanischen Basisplans für Wissenschaft, Technik und Innovation. Schließlich nimmt sich der 6. Basisplan des Kabinettsbüros vor, das Wohlbefinden der Gesellschaft mithilfe technischer, aber auch sozialer Innovation auf Dauer zu sichern. „Es ist beeindruckend zu sehen, mit welcher Konsequenz Japan diesen Weg gehen will. Probleme wie der Klimawandel oder Krankheiten erfordern innovative Ideen und die nachhaltige Förderung von Forschung und Wissenstransfer.“

NEU: „COFFEE TALKS“ IN TOKYO

Kann sich Deutschland hier etwas abschauen? Unbedingt, findet Karpenstein, der sich im Rahmen des 2021 gestarteten Online-Formats „DWIH Coffee Talks“ dazu mit Fumikazu Sato, Vizedirektor für Wissenschaft, Technologie und Innovation des japanischen Kabinettsbüros, und Dr. Lothar Mennicken, Leiter des Referats Wissenschaft und Technologie der Deutschen Botschaft in Tokyo, austauschte. Eine ähnliche Erfahrung machte Dr. Laura Blecken, die nach ihrer Elternzeit im Herbst 2021 die Programmkoordination am DWIH Tokyo wieder aufnahm. Auf dem Start-up-Pitch-Event TechBIZKON zu „Greentech“, das vom DWIH Tokyo als Co-Organisator unterstützt wurde, beeindruckte sie die Vielfalt innovativer Ansätze zur Bekämpfung des Klimawandels. „Die Herausforderungen unserer Zeit sind groß – aber wir haben eine enorme Bandbreite an Innovationen, um ihnen zu begegnen.“
Axel Karpenstein: neue Ideen im Blick
Axel Karpenstein: neue Ideen im Blick
Schließen
Zum Anfang

RESILIENT DURCH DIE KRISE

Blick hinter die Statistiken: Teilnehmende des Symposiums  „Die Krise bewältigen – psychosoziale Auswirkungen der Pandemie“
Blick hinter die Statistiken: Teilnehmende des Symposiums „Die Krise bewältigen – psychosoziale Auswirkungen der Pandemie“
Vollbild
Im März 2020, als die erste Corona-Welle über die Welt hereinbrach, startete der damals 21-jährige japanische Student Koki Ozora die Plattform „ibashochat“. Dort können sich Menschen mit psychischen Problemen rund um die Uhr per Chat beraten lassen.

„Am Anfang waren es 120 Konsultationen pro Woche, auf dem Höhepunkt der vierten Welle im August 2021 waren es 600 am Tag“, berichtet Ozora. Um auf die stark angestiegene Nachfrage zu allen Tages- und Nachtzeiten reagieren zu können, arbeitet Ozora mit einem rund um den Globus verteilten Team und macht sich dadurch die Zeitverschiebung zunutze.

„‚ibashochat‘ war für uns das perfekte Beispiel dafür, wie die japanische Gesellschaft mit den komplexen Herausforderungen der Pandemie umgeht“, so Axel Karpenstein, der im Jahr 2021 gemeinsam mit Dr. Laura Blecken für die Programmkoordination des DWIH Tokyo verantwortlich war. Ozora präsentierte seine Online-Plattform auf dem Symposium „Die Krise bewältigen – psychosoziale Auswirkungen der Pandemie“ (10. Juni 2021) einem deutsch-japanischen Publikum. Ziel der Kooperationsveranstaltung des DWIH mit dem Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin (JDZB) war es, die Perspektiven von Praxis und Wissenschaft zu einem Gesamtbild der sozialen und psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Deutschland und Japan zu verbinden. Deutlich wurde unter anderem, dass Stress, Depressionen, Angstzustände und Suizide bei jungen Menschen unter 30, Frauen, Alleinerziehenden, prekär Beschäftigten und ökonomisch benachteiligten Personen häufiger vorkommen, während ältere Menschen sowie Personen mit hohem Einkommen oder Bildungsstand kaum betroffen waren. Die Pandemie legte so bereits bestehende Benachteiligungen in den Gesellschaften beider Länder offen.

„Uns ging es um die zentrale Frage der Resilienz: Welche Bewältigungsstrategien sind hier in Japan aktiv und worin unterscheiden sie sich vielleicht von einem deutschen oder europäischen Ansatz?“, erklärt Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo. Mit über 300 Anmeldungen aus Hochschulen, Forschungsinstituten, öffentlicher Verwaltung und interessierter Öffentlichkeit traf das Symposium auf breites Interesse.

GLOBALISIERUNG UND VARIATIONEN

Einen anderen Aspekt zeigte der Vortrag der Psychologin Yukiko Uchida, Professorin am Kokoro Research Center der Universität Kyoto, auf. In ihrer Forschung untersucht Uchida kulturelle Variationen in der Wahrnehmung von Emotionen und dem Pflegen sozialer Kontakte. „Wie wir als Menschen Wohlbefinden für uns definieren, hängt von lokal ausgeprägten kulturellen Kontexten ab“, sagt sie. „Gleichzeitig verändern sich diese unter dem Einfluss der Globalisierung.“ Diese habe auch direkte Implikationen für die japanische Gesellschaft und ihre Strategie zur Bewältigung der Corona-Krise. Einerseits stütze sich individuelles Wohlbefinden in Japan auf die Identifizierung und den Austausch mit anderen, wie Uchida ausführte. Das mache es besonders schwer, auf menschliche Kontakte zu verzichten. Andererseits führe diese Haltung wiederum zu einer weit höheren Akzeptanz von Schutzmaßnahmen im Zuge der Covid-19-Eindämmung, als das in der stärker auf ­Individualität fußenden deutschen und europäischen Kultur zu verzeichnen ist.

Der zentrale Punkt von Yukiko Uchidas ­Beitrag lag aber nun darin, eben jene Unterscheidung zwischen einer auf Interdependenz ausgerichteten japanischen und einer individualistischen deutschen Gesellschaft wieder zu relativieren und auch den Japanerinnen und Japanern ein aufkommendes Bedürfnis nach persönlichen Freiheiten zuzuschreiben. „Gesellschaftliche Konventionen wie das typische Rücksichtnehmen sind nämlich auch für viele Menschen in Japan anstrengend. Und viele empfanden es als erleichternd, im Zuge der Schutzmaßnahmen in Teilen darauf verzichten zu können“, so Uchida. Letztlich sei auch die japanische genauso wie die deutsche Gesellschaft geprägt durch einen Mix aus gegenseitiger Rücksichtnahme und dem Streben nach Offenheit, wenngleich die Gewichtung beider Parameter in den Ländern jeweils unterschiedlich ausfällt. Für Dorothea Mahnke hat das Symposium damit auch noch einmal neue Optionen des interkulturellen Dialogs aufgezeigt. „Es ist spannend zu sehen, wie ähnlich sich Deutschland und Japan in vielerlei Hinsicht sind, und wie sich Japan in der Pandemie doch resilienter gezeigt hat. Die Gründe dafür auszuloten, wird uns im DWIH Tokyo sicherlich noch weiter beschäftigen.“

Autor
Klaus Lüber
Blick hinter die Statistiken: Teilnehmende des Symposiums  „Die Krise bewältigen – psychosoziale Auswirkungen der Pandemie“
Blick hinter die Statistiken: Teilnehmende des Symposiums „Die Krise bewältigen – psychosoziale Auswirkungen der Pandemie“
Schließen
Zum Anfang

Drei Fragen an Prof. Dr. Shoko Suzuki, Leiterin des Artificial Intelligence Ethics and Society Teams am RIKEN Center for Advanced Intelligence Project (AIP)

 Prof. Dr. Shoko Suzuki, Leiterin des Artificial Intelligence Ethics and Society   Teams am RIKEN Center for Advanced Intelligence Project (AIP)
Prof. Dr. Shoko Suzuki, Leiterin des Artificial Intelligence Ethics and Society Teams am RIKEN Center for Advanced Intelligence Project (AIP)
Vollbild
Frau Professor Suzuki, was verbindet Sie mit dem DWIH Tokyo?
Mein erster Kontakt zum DWIH Tokyo entstand durch das 2. Französisch-Deutsch-Japanische Symposium zur Künstlichen Intelligenz, auf dem ich die Session zu KI und Bildung leitete. Außerdem hatte ich im Dezember 2021 die Gelegenheit, bei einem „Coffee Talk“ des DWIH Tokyo über Ethik der Künstlichen Intelligenz zu sprechen. Nicht zuletzt mit Blick auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist es wichtig, dass wir uns mit den ethischen Fragen der Künstlichen Intelligenz beschäftigen.

Was können Deutschland und Japan in diesem Feld voneinander lernen?
Ein gemeinsamer Erfahrungsschatz, an den beide Länder in diesem Zusammenhang anschließen können, ist die europäische Aufklärung, die auch Japan beeinflusst hat, insbesondere durch den philosophischen Austausch mit Deutschland. Das ist Grundlage für ein selbstbewusstes Menschenbild, das im Umgang mit Künstlicher Intelligenz sehr wertvoll ist. Zugleich sind japanische Denk­traditionen, geprägt von Buddhismus, Shintoismus und Konfuzianismus, bedeutsam. Japan kennt ein Fülle von philosophischen Perspektiven, die zum Beispiel auch die große Aufgeschlossenheit des Landes gegenüber Robotern begründen. Gerade das Zusammenwirken von Tradition und modernster Technik ist in Japan gut erfahrbar.

2021 lautete das Schwerpunktthema der DWIH „Gesellschaft im Wandel: Auswirkungen der ­Pandemie“. Wie wird aus Ihrer Sicht die Erfahrung der Corona-Pandemie unsere Gesellschaften langfristig verändern?
Die Pandemie hat weltweit gezeigt, wie entscheidend ein gelingendes Zusammenwirken von Politik, Wissenschaft und Technik ist. Es ist wichtig, dass wir uns von Vorstellungen lösen, das Coronavirus ausschließlich bekämpfen und beseitigen zu wollen. Die buddhistische Vorstellung von der friedlichen Koexistenz aller Lebewesen lässt sich selbst auf ein Virus übertragen, dem wir aber mit unserer menschlichen Weisheit ­begegnen müssen. Die beklagenswerte internationale Ausbreitung des Virus ist auch ein Ergebnis unserer globalisierten Welt, von deren starker Vernetzung wir in vielerlei Hinsicht profitieren. Für die Zukunft brauchen wir mit Blick auf Pandemien wie auf die Künstliche Intelligenz eine Ethik, die auch stärker vorausschauend denkt und Entscheidungskonflikte berücksichtigt.
Society 5.0 fokussiert auf das Wohlergehen der Menschen während ihres gesamten Lebens, was besonders für alternde Gesellschaften wie Japan und Deutschland wichtig ist. Beide Länder ­waren in den letzten Jahrzehnten mit ihren Wirtschaftsmodellen sehr erfolgreich. Was die digitale Transformation angeht, sind Deutschlands Erfolge mit der Industrie 4.0 sehr interessant für Japan. Für eine ganzheitliche Entwicklung der Gesellschaft müssen wir aber vor allem zusammenarbeiten. Das autonome Fahren ist ein gutes Beispiel für die Kooperation zwischen Japan und Deutschland. Es geht darum, einen technologischen Wandel herbeizuführen und gleichzeitig den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden.

Interview
Johannes Göbel
 Prof. Dr. Shoko Suzuki, Leiterin des Artificial Intelligence Ethics and Society   Teams am RIKEN Center for Advanced Intelligence Project (AIP)
Prof. Dr. Shoko Suzuki, Leiterin des Artificial Intelligence Ethics and Society Teams am RIKEN Center for Advanced Intelligence Project (AIP)
Schließen
Zum Anfang

Video San Francisco

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Scrollen, um weiterzulesen Wischen, um weiterzulesen
Wischen, um Text einzublenden