Einführung
DWIH-Jahresbericht 2019
Über die DWIHIn fünf internationalen Metropolen stärken die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geführten Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH) den Forschungs-, Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland. In New York, São Paulo, Moskau, Neu-Delhi und Tokyo ermöglichen die DWIH jeweils einen gemeinsamen Auftritt deutscher Wissenschaftsorganisationen und forschender Unternehmen. Sie verfolgen dabei vier zentrale Ziele:
Der gemeinschaftliche Auftritt erhöht die Sichtbarkeit deutscher Innovationsträger im Sitzland. Als zentrale Anlaufstellen versammeln die DWIH zahlreiche Akteure aus Wissenschaft und forschender Wirtschaft: Interessierte können sich schnell und zielgerichtet informieren.
Wissen vermitteln
Die DWIH steigern das Wissen über die deutsche Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationslandschaft sowie die des Sitzlandes für die Akteure beider Länder.
Beratung anbieten
Durch die Beratung der DWIH wissen die erreichten Akteure aus dem Sitzland, wen sie im Bereich Wissenschaft, Forschung und Innovation in Deutschland ansprechen können. Neu vermittelte Kontakte ermöglichen Forschungskooperationen und Forschungsaufträge.
Vernetzung ermöglichen
Über die DWIH gelingt es, Akteure vor Ort mit deutschen Innovationsträgern zu vernetzen und diese zu einem stärkeren Engagement im Sitzland zu motivieren. Es entsteht eine wertvolle Basis für den Ausbau strategischer Aktivitäten.
www.dwih-netzwerk.de/de/ueber-uns
DWIH-Jahresthema 2019Die Welt der Künstlichen Intelligenz ist komplex und bietet zahlreiche konkrete Anknüpfungspunkte. Sie werden von den Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäusern (DWIH) vielfältig genutzt.
Die fünf DWIH-Standorte im Fokus
• eine Initiative von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft
• über 100 Unterstützer weltweit
• Gesamtverantwortung durch den DAAD in Bonn
DWIH kompakt
• 5 Innovationsforen an 5 herausragenden Standorten
• eine Initiative von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft
• über 100 Unterstützer weltweit
• Gesamtverantwortung durch den DAAD in Bonn
Tokyo
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo
Neu-Delhi
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Neu-Delhi
New York
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus New York
São Paulo
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo
Bonn
DWIH-Geschäftsstelle Bonn
Moskau
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Moskau
DWIH im FokusIn den folgenden Porträts schildern die Direktorinnen und Direktoren der Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH) in New York, São Paulo, Moskau, Neu-Delhi und Tokyo die Schwerpunkte ihrer Arbeit im Jahr 2019. Interviews und Berichte zu herausragenden Kooperationen geben zudem vielfältige Einblicke in die Entwicklung der Häuser.
Impressum
Impressum
Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V. (DAAD)
Kennedyallee 50
D-53175 Bonn
Tel.: +49 228 882-0
Fax: +49 228 882-444
E-Mail: webmaster@daad.de
Internet: www.daad.de
Vertretungsberechtigter Vorstand:
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee
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Verantwortlicher i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV:
Dr. Dorothea Rüland
Redaktion und Gestaltung
FAZIT Communication GmbH
Frankfurt am Main
Antje LeendertseStaatssekretärin des Auswärtigen Amts
Liebe Leserinnen und Leser,
in Wissenschaft, Forschung und Innovation ist die internationale Zusammenarbeit schon lange nicht mehr wegzudenken: sei es bei der Entwicklung neuer medizinischer Lösungen, moderner Ansätze für Mobilität, bei Untersuchung von Urbanisierungstrends oder der Klimaforschung. In allen diesen und vielen anderen Bereichen ist substanzieller Fortschritt nur in Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg möglich. Diese Vernetzung zu unterstützen und die Bedeutung Deutschlands als führender Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationsstandort hervorzuheben gehört zu den Aufgaben der Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH). Auch 2019 haben sie in Moskau, Neu-Delhi, New York, São Paulo und Tokyo wieder zahlreiche Initiativen umgesetzt und so Deutschland als attraktiven Partner an den Innovationshubs der Welt präsentiert.
Besonders vertieft haben die Häuser ein Jahresthema von großer und stetig wachsender Bedeutung: Künstliche Intelligenz. Ein Workshop zu Smart Cities, ein Science Forum zu „Apparatus Sapiens – AI becoming human?“, ein trilaterales Symposium zu KI im Recht, ein Workshop zu KI für Neurologie-Anwendungen, ein Seminar zum Einfluss von KI durch Film und Literatur – dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der vielfältigen Aktivitäten der Häuser. So konnten neue Kontakte geknüpft, gemeinsame Projekte angestoßen und das Profil Deutschlands in diesem zentralen Forschungs- und Innovationsfeld gestärkt werden. Der vorliegende Bericht gibt dazu einen tiefergehenden Einblick. Hinweisen möchte ich auch auf das „Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft“ 2018–2020. Im Rahmen dieses bilateralen Formats kommt dem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus in Moskau eine besondere Rolle zu.
Für die fortgesetzte Unterstützung des Deutschen Bundestages bedanke ich mich im Namen des Auswärtigen Amts sehr herzlich. Mein Dank geht ebenso an die beteiligten Partner – BMBF, BMWi, Allianz der Wissenschaftsorganisationen, DIHK und BDI – für ihr großes Engagement. Nicht zuletzt möchte ich die großartige Arbeit der Direktorinnen und Direktoren, Programmkoordinatorinnen und -koordinatoren und Vorsitzenden der lokalen Beiräte sowie das Gesamtmanagement des DAAD würdigen, ohne die die erfolgreiche Arbeit der Häuser nicht möglich wäre.
Ihre
Antje Leendertse
Staatssekretärin des Auswärtigen Amts
Prof. Dr. Joybrato MukherjeePräsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Liebe Leserinnen und Leser,
wohl kaum ein Lebensbereich kann sich der wachsenden Bedeutung Künstlicher Intelligenz (KI) entziehen. Sie beschäftigt Politik, Wissenschaft und Wirtschaft gleichermaßen und eröffnet neue Perspektiven für Bildung und gesellschaftliche Entwicklung. Zugleich wird deutlich: Dem komplexen und vielschichtigen Thema kann nur mit internationalem und interdisziplinärem Austausch adäquat begegnet werden. Diese Art des Austauschs ist grundlegend für die Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH), deren Kuratorium Künstliche Intelligenz zum Jahresthema 2019 gewählt hat.
Die Beschäftigung mit weitreichenden Zukunftsfragen im Rahmen eines gemeinsamen Jahresthemas kennzeichnet die strategische Weiterentwicklung der DWIH, für die der DAAD seit 2017 die Verantwortung übernommen hat. An den DWIH-Standorten in New York, São Paulo, Moskau, Neu-Delhi und Tokyo wurde Künstliche Intelligenz 2019 außergewöhnlich facettenreich thematisiert. So zeigte sich erneut die Stärke der DWIH, herausragende Plattformen für den länderübergreifenden Austausch zu bieten. Die in den jeweiligen Sitzländern vorhandene KI-Expertise traf auf Fachleute und Innovationstreiber aus Deutschland, zusammen wurden neues Forschungsterrain erkundet, Möglichkeiten der Zusammenarbeit erörtert und unterschiedliche Perspektiven diskutiert.
Auch das ist entscheidend: ein ausgewogener Blick auf Chancen und Risiken, auf Innovationspotenzial und gesellschaftliche Herausforderung der Künstlichen Intelligenz. In Deutschland prägt dieses Spannungsfeld die Befassung mit der KI wesentlich, insbesondere an den Universitäten und Hochschulen. Einige von ihnen sind zuletzt zum wachsenden Netzwerk der DWIH-Unterstützer hinzugekommen. Der DAAD begrüßt diese Entwicklung als Mitgliedsorganisation der deutschen Hochschulen und ihrer Studierendenschaften ausdrücklich. Sie ist einer von vielen Belegen für die Attraktivität der DWIH, deren erfolgreiche internationale Arbeit auch im vorliegenden Jahresbericht deutlich wird. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihr
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee
Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Prof. Dr. Matthias Kleiner Präsident der Leibniz-Gemeinschaft
Liebe Leserinnen und Leser,
Innovationen entstehen oftmals dort, wo Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft interagieren. Dann kann es passieren, dass der Austausch von Ideen, Perspektiven und Erfahrungen Bestehendes ganz selbstverständlich infrage stellt, weiterentwickelt und zu neuen Erkenntnissen führt. Dies ist eines der fundamentalen Arbeitsprinzipien und ausdrücklichen Ziele der Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH). An ausgewählten Standorten ermutigen die DWIH Dialoge, die über die international bereits eng vernetzte Forschung hinausgehen, öffnen ihre Türen für Politik, gesellschaftliche Akteure und Unternehmen und regen neue, wichtige Verbindungen an.
Im gemeinsamen internationalen Auftritt von Wissenschaft und Forschung vermitteln die DWIH zudem eine der wichtigen Stärken des deutschen Forschungs- und Innovationssystems: das Zusammenwirken verschiedener, missionsorientierter und komplementär wirkender Akteure ist charakteristisch für Deutschland als Forschungs- und Innovationsstandort. Diese Vielfalt zu durchschauen und zu erfassen, ist für Außenstehende nicht immer einfach. Auch hier liegt eine wichtige Aufgabe der DWIH.
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen, deren Federführung der Leibniz-Gemeinschaft 2019 oblag, engagiert sich deshalb mit Überzeugung in den DWIH als Orten, die den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit an fünf wichtigen Standorten weltweit fördern.
Mit „Künstlicher Intelligenz“ haben die DWIH im Jahr 2019 ein Schwerpunktthema in den Fokus gerückt, das Wissenschaft und Gesellschaft prägt und in den kommenden Jahren weiter prägen wird. Es ist mir dabei eine besondere Freude, dass im Rahmen der DWIH-Veranstaltungen auch weitreichende Verbindungen und zuweilen überraschende Anwendungsgebiete Künstlicher Intelligenz für unsere Gesellschaften und für die Wirtschaft zur Sprache gekommen sind.
In diese und viele weitere Themen gibt Ihnen dieser Bericht spannende Einblicke.
Ihr
Prof. Dr. Matthias Kleiner
Präsident der Leibniz-Gemeinschaft
DWIH MoskauDas Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus Moskau behandelt Schlüsselthemen des deutsch-russischen Austauschs und bringt führende Expertinnen und Experten beider Länder zusammen.
Dr. Andreas Hoeschen (DAAD)
Programmkoordinator
Mikhail Rusakov
Beiratsvorsitzender
Tobias Stüdemann (Freie Universität Berlin)
Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Moskau
Prospekt Wernadskogo 103
Gebäude 3, Eingang 2
119526 Moskau, Russland
Kontakt
info@dwih-moskau.org
www.dwih-moskau.org
Unterstützer des DWIH Moskau
www.dwih-moskau.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
DWIH-Moskau im Fokus
DWIH-Moskau im Fokus
Dr. Andreas Hoeschen
Das Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft 2018 – 2020 wird vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) Moskau wesentlich mitgeprägt. Das zeigte 2019 nicht nur die vom DWIH konzipierte Website zum Themenjahr (wissenschaftspartner.de), sondern auch mehrere Veranstaltungen. So war das DWIH wesentlich am Deutsch-Russischen Wissenschafts- und Hochschulforum im Dezember 2019 in Moskau beteiligt. Auf der zweitägigen Veranstaltung kamen mehr als 300 Vertreterinnen und Vertreter deutscher und russischer Hochschulen sowie hochrangige Gäste aus der Politik zusammen. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Michelle Müntefering erklärte, das Themenjahr leiste einen Beitrag, die deutsch-russischen Netzwerke und die Hochschulkooperationen weiter zu festigen. „Ich bin überzeugt: Gerade in unserer heutigen globalisierten Welt mit ihren grenzübergreifenden Herausforderungen braucht es den freien wissenschaftlichen Austausch.“
Im Rahmen des Forums wurden auch Podiumsdiskussionen und Postersessions angeboten; Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 30 deutschen und russischen Hochschulen stellten ihre gemeinsamen Forschungsprojekte und Partnerschaften vor und diskutierten weitere Kooperationsmöglichkeiten. Drei russische und drei deutsche Talente präsentierten ihre Forschungsideen in einem Science Slam. „Unser Einsatz für das Deutsch-Russische Jahr gipfelte in dieser Halbzeit-Veranstaltung, die wir mitkoordiniert haben“, sagt DWIH-Direktor Dr. Andreas Hoeschen. „Von der Strahlkraft des Jahres wird auch das DWIH profitieren und seine Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit weiter erhöhen.“
Während die wissenschaftlichen Inhalte der Veranstaltungen im Themenjahr sehr breit gefächert waren, setzte das DWIH mit seinem Jahresthema Künstliche Intelligenz (KI) einen eigenen Schwerpunkt. „KI ist ein Schlüsselthema für Wissenschaft und Wissenschaftspolitik, das haben wir an der Reaktion auf unsere Angebote deutlich gemerkt“, erklärt Hoeschen. So kamen beispielsweise zu dem vom DWIH mitorganisierten deutsch-russischen Science Forum „Apparatus Sapiens – AI becoming human?“ Ende Juni 2019 mehr als 230 Besucher, darunter auch zahlreiche Wissenschaftler aus deutschen Forschungseinrichtungen nach Moskau.
GEHIRNFORSCHUNG UND KI
Beim Deutsch-Russischen Science Forum „Brain Science and the Next Generation of Artificial Intelligence“ tauschten sich führende Experten in den Bereichen Neurowissenschaften und KI aus hervorragenden deutschen und russischen Hochschulen und Forschungszentren wie dem Forschungszentrum Jülich, der Ruhr-Universität Bochum und der Freien Universität Berlin sowie der Staatlichen Lomonossow-Universität Moskau und dem Skolkovo Institute of Science and Technology (Skoltech) aus. Der Science Talk zur Künstlichen Intelligenz im Mai im Nationalen Zentrum für Digitalwirtschaft an der Staatlichen Lomonossow-Universität Moskau (MSU) brachte unter anderem Wissenschaftler der RWTH Aachen, des Staatlichen Instituts für Physik und Technologie Moskau (MIPT) und der Lomonossow-Universität in den Dialog über Forschungs- und Entwicklungsergebnisse sowie Kooperationsmöglichkeiten, insbesondere in den Feldern Robotisierung und Big Data. Dass die verschiedenen Veranstaltungen dauerhafte Kontakte schaffen können, verdeutlicht DWIH-Programmkoordinator Mikhail Rusakov: „Das Interesse der deutschen und russischen Forschungseinrichtungen, ihre Zusammenarbeit zu vertiefen, ist sehr groß.“ So beabsichtigen beispielsweise das KIT, die Moskauer Higher School of Economics (HSE) und das Moskauer Institut für Physik und Technologie (MIPT) ebenso ihre Kooperation auszubauen wie die RWTH Aachen und das Forschungszentrum Jülich ihre Partnerschaft mit der Lomonossow-Universität.
Auch der Austausch mit der Wirtschaft stand 2019 im Fokus des DWIH. Dabei geht das DWIH verschiedene Wege. Ende April organisierte es mit mehreren Partnern an der Staatlichen Agraruniversität in Stawropol ein Science Forum, bei dem die Themen Digitalisierung, Robotisierung und Mechatronik in der Landwirtschaft auf der Agenda standen. Ende März kam Dr. Martin Gitsels, Vize-Präsident von Siemens in Russland, auf Einladung des DWIH mit seiner Innovation Lecture „The Challenge of Industrial Digitalisation“ an die Polytechnische Universität Tomsk. Er berichtete über die Weiterentwicklung digitaler Technologien und deren Einfluss auf den Alltag der Menschen. „Veranstaltungen wie diese sind wichtig, weil wir so die Wirtschaft an die Hochschulen holen können“, sagt Rusakov. Erstmals nahm das DWIH im Juli zudem an der Innoprom in Jekaterinburg teil, die als wichtigste internationale Industrieausstellung Russlands gilt.
Die erfolgreiche Arbeit des DWIH Moskau zeigte sich 2019 auch am zunehmenden Interesse an seinen Beratungsangeboten und anhand steigender Teilnehmerzahlen bei den verschiedenen Veranstaltungen. Zudem konnte die Verbindung zur deutschen Hochschullandschaft weiter gestärkt werden: Die Exzellenzuniversität RWTH Aachen ist neue assoziierte Unterstützerin des DWIH Moskau und möchte so auch ihre Zusammenarbeit mit Wissenschaftsorganisationen in Russland intensivieren.
Autor
Benjamin Haerdle
DWIH-Momente 2019
DWIH-Momente 2019
VIELE PERSPEKTIVEN IN MOSKAU
Kruijff-Korbayová vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und Dr. Hinrich Thoelken, Sonderbeauftragter für Internationale Digitalisierungspolitik und digitale Transformation im Auswärtigen Amt. Programmkoordinator Mikhail Rusakov betont: „Wir haben 2019 ganz bewusst nicht nur wissenschaftlich-technologische, sondern auch gesellschaftliche und sogar philosophische Fragen der KI angesprochen.“
Persönlichkeiten aus der Wissenschaft prägten das Jahr in Moskau vielfältig
Auf dem Science Forum „Brain Science and the Next Generation of AI“ diskutierten etwa Vladimir Mironov, Professor für Ontologie und Epistemologie an der Staatlichen Lomonossov-Universität (MGU), Professor Konstantin Anokhin, Leiter des Institutes für Gehirnforschung an der MGU, sowie Leibniz-Preisträger Onur Güntürkün, Professor für Biopsychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Doch da gibt es neben den vielen Namen noch etwas, das Mikhail Rusakov im Nachgang zu den Veranstaltungen Freude bereitet: „Es ist schön, neue Ansätze für Kooperationen zu sehen.“
Vernetzte Wissenschaftler
Vernetzte Wissenschaftler
Startpunkt für neue Forschungskontakte
„In Deutschland und Russland legen wir besonderen Wert darauf, die Konsequenzen des Einsatzes Künstlicher Intelligenz (KI) gründlich zu diskutieren“, sagt Professor Ali Sunyaev, Direktor am Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Ende Juni 2019 nahm Sunyaev an einer Veranstaltung im Rahmen des Deutsch-Russischen Jahrs der Hochschulkooperation und Wissenschaft 2018–2020 teil, die eine Plattform zur Reflexion über KI bot: Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) Moskau, die Deutsche Botschaft Moskau und das Moskauer Institut für Physik und Technologie (MIPT) organisierten ein außergewöhnlich interdisziplinäres Science Forum mit der zentralen Frage: „Wird KI menschlich?“
Ali Sunyaev arbeitet schon länger mit Kolleginnen und Kollegen der Moskauer Higher School of Economics (HSE) zusammen: Die Wissenschaftler untersuchen das Zukunftspotenzial der Blockchain-Technologie. Während des deutsch-russischen Science Forum in Moskau lernte Sunyaev nun auch Wissenschaftler des MIPT aus dem Bereich Informatik kennen und erhielt eine Einladung für einen Vortrag an der führenden Forschungsuniversität. „Ich bin zuversichtlich, dass wir in Zukunft zusammenarbeiten werden“, sagt der Karlsruher Forscher. Auch Kollegen von der Nationalen Technischen Forschungsuniversität MISiS wollten mehr über Sunyaevs Arbeit erfahren. Angedacht ist nun, dass er an Forschungs- und Ausbildungsprojekten der Hochschule teilnimmt.
Dr. Ivana Kruijff-Korbayová, wie Ali Sunyaev Gast auf dem Podium des deutsch-russischen Science Forum, sieht ebenfalls wertvolle Anknüpfungspunkte im bilateralen Austausch zur Künstlichen Intelligenz. „Bei uns am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) beschäftigen wir uns weniger mit den theoretischen Grundlagen von Algorithmen, sondern eher mit der Anwendung von KI“, sagt die Wissenschaftlerin vom DFKI. Deswegen könnten sich die deutsche und russische Forschung zu dem Thema gut ergänzen.
KI UND SPRACHERKENNUNG
Kruijff-Korbayová arbeitet zu KI-Dialogsystemen. Es geht dabei um den Austausch per Sprache: zwischen Mensch und Computer oder Menschen untereinander. In Moskau stellte sie ihr aktuelles Projekt zum Einsatz von Robotern in Notfällen vor. Das Ziel dabei: eine KI so zu trainieren, dass sie die Kommunikation zwischen Menschen bei Rettungseinsätzen versteht. Ein Roboter soll dadurch später einmal begreifen, was bei einem Einsatz passiert – und dementsprechend Entscheidungen treffen können. Wissenschaftler des MIPT beschäftigen sich derzeit mit etwas, das an die Arbeit von Kruijff-Korbayová anknüpft: ein KI-System zur Ermittlung von Themen in einem Textabschnitt oder Dialog. „Das wäre ein spannendes Thema für eine Zusammenarbeit“, sagt die Forscherin, die neben ihrer Tätigkeit am DFKI einen internationalen Masterstudiengang an der Universität des Saarlandes koordiniert.
Dr. Michael Kubach vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO war ebenfalls sehr angetan von dem Austausch in Moskau. Er zählte zu den Teilnehmenden der Podiumsdiskussion und arbeitet am Fraunhofer IAO zum Thema Identitätsmanagement. Dabei geht es unter anderem darum, wie Unternehmen durch KI verwundbarer werden können – etwa dann, wenn es einer KI gelingt, die Stimme einer Führungsperson in einer Firma nachzubilden. In Russland hat Kubach nun ein biometrisches Verfahren kennengelernt, bei dem sich eine Person durch ihr Augenzucken identifizieren lässt. „Das könnte einmal interessant für eine Zusammenarbeit bei einem Projekt sein.“ Spannend waren für ihn zudem Forschungsarbeiten dazu, wie sich Entscheidungen von KI erklären lassen. Denn bislang ist in der Regel unklar, wie KI-Systeme eine Entscheidung treffen. „In Moskau wurden hierzu interessante Ansätze aus der Grundlagenforschung präsentiert“, erzählt er. Seine Zeit in Russland sei insgesamt „unheimlich wertvoll gewesen, um über den Tellerrand zu schauen. Es war eine tolle Möglichkeit, um Kontakte aufzubauen.“
Autor
Hendrik Bensch
„Wir erweitern unsere Netzwerke“
„Wir erweitern unsere Netzwerke“
Drei Fragen an Dr. Elena Eremenko, Leiterin des Moskauer Büros der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren
Wir arbeiten sehr intensiv mit dem DWIH Moskau zusammen und schätzen diese Kooperation als sehr positiv ein. Im Jahr 2019 hat das DWIH zum Beispiel zwei Inforeisen in die Regionen Stawropol und Perm organisiert. Das Moskauer Büro der Helmholtz-Gemeinschaft nahm daran teil, um das wissenschaftliche Potenzial der Helmholtz-Zentren zu präsentieren. Auf diese Weise erweitern wir unsere Netzwerke und knüpfen neue Kooperationen mit den russischen Regionen. Wir schätzen auch, dass das DWIH Veranstaltungen finanziell bezuschusst. Zum Beispiel hat das Helmholtz-Büro Moskau mit Unterstützung des DWIH das Symposium „Advances in Biomedicine“ im November in Sotschi organisiert. Daran nahmen rund 150 namhafte Wissenschaftler teil, 15 von ihnen aus Deutschland, für die das DWIH die Reisekosten übernahm.
Welche Rolle spielt das DWIH für die Forschenden der Helmholtz-Gemeinschaft?
Das Helmholtz-Büro Moskau arbeitet eng mit dem DWIH Moskau zusammen und nutzt aktiv alle Möglichkeiten, die dieser Austausch bietet. Dazu zählen neben Infoseminaren etwa auch die Organisation von deutsch-russischen Konferenzen oder die Unterstützung durch das DWIH bei der Vorbereitung und Durchführung unserer Veranstaltungen. All das hilft uns, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus beiden Ländern zusammenzubringen. Das gibt dem Ausbau der deutsch-russischen Wissenschaftskooperation wertvolle Impulse.
Inwieweit zeigen sich solche Impulse in der bilateralen Forschungskooperation auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI), dem DWIH-Jahresthema 2019?
Das DWIH Moskau hat im Juni 2019 das deutsch-russische Science Forum „Apparatus Sapiens: AI becoming human?“ organisiert. Prof. Dr. Karsten Wendland und Prof. Dr. Ali Sunyaev, die beide am zur Helmholtz-Gemeinschaft zählenden Karlsruher Institut für Technologie forschen, haben daran als Speaker teilgenommen. Prof. Dr. Katrin Amunts und Prof. Dr. Thomas Lippert vom Forschungszentrum Jülich sind zum deutsch-russischen Science Forum „Brain Science and the Next Generation of AI“ im November nach Moskau gereist. Diese Foren haben ein reges Interesse von deutschen und russischen Wissenschaftlern am Thema KI gezeigt. Die Zusammenarbeit mit den russischen Partnern im Bereich KI wird fortgesetzt und 2020 konkretisiert. Generell spielen solche bilateralen Veranstaltungen eine wichtige Rolle in der breiten Palette der deutsch-russischen Wissenschaftskooperation, weil Treffen von deutschen und russischen Wissenschaftlern sehr oft in neuen, dauerhaften Projekten resultieren. ·
Interview
Benjamin Haerdle
DWIH Neu-DelhiDas Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus Neu-Delhi stärkt den Austausch zwischen Indien und Deutschland durch vielfältige Möglichkeiten zu Vernetzung und Dialog über Forschung und Innovation.
Dr. Katja Lasch (DAAD)
Programmkoordinatorin
Aadishree Jamkhedkar
Beiratsvorsitzender
Dr. Matthias Kiesselbach (Deutsche Forschungsgemeinschaft)
Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Neu-Delhi
21 Jor Bagh
New Delhi – 110003, Indien
Kontakt
info@dwih-newdelhi.org
www.dwih-newdelhi.org
Unterstützer des DWIH Neu-Delhi
www.dwih-newdelhi.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
DWIH Neu-Delhi im Fokus
DWIH Neu-Delhi im Fokus
Dr. Katja Lasch
Die Arbeitswelt ändert sich – zügig, weltweit und fundamental. Kraftvolle Motoren für diese Veränderung sind die fortschreitende Digitalisierung, Automatisierung und Mensch-Maschine-Interaktion. „Arbeitsplätze in vielen Branchen sind zunehmend geprägt von Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung“, sagt Dr. Katja Lasch, Direktorin des DWIH Neu-Delhi. „Auf unserem jährlichen Indisch-Deutschen-Forum haben wir deshalb die DWIH-Jahresthemen 2018 und 2019, Zukunft der Arbeit und Künstliche Intelligenz, kombiniert und verschiedene Fachperspektiven abgebildet, um Synergien herstellen zu können.“ Auf dieser zentralen Konferenz im März 2019 mit über 300 Teilnehmenden wurde die Rolle des DWIH Neu-Delhi als Plattform für erfolgreiche interdisziplinäre Vernetzung besonders deutlich. „Wir wollen diesen Weg weitergehen und den Charakter des Austauschs mit dem Veranstaltungstitel ,Indo-German Forum‘ unterstreichen und ausdrücklich benennen“, sagt die Direktorin.
GEMEINSAMES ZUKUNFTSTHEMA
Das DWIH-Jahresthema 2019 „Künstliche Intelligenz“ eignete sich in Indien ideal für den wissenschaftlichen Austausch, denn das Land hat nicht nur eine eigene Strategie zur Künstlichen Intelligenz entwickelt. Auch in den deutsch-indischen Regierungskonsultationen wurde KI als gemeinsames Zukunftsthema definiert. Als erster Hauptredner der Jahreskonferenz präsentierte Dr. Didar Singh, Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) der Vereinten Nationen, die grundsätzlichen Megatrends zur Zukunft der Arbeit und die damit verbundenen technologischen und sozialen Herausforderungen für sein Heimatland. „Indien kann mit herausragender Forschung beeindrucken, und das DWIH kann auch dafür die Sichtbarkeit in Deutschland erhöhen“, betont Katja Lasch und verweist dabei auf die 74 Referentinnen und Referenten, die das DWIH Neu-Delhi 2019 eingeladen hatte, von denen 43 aus Indien kamen.
INSPIRIERENDER QUERSCHNITT
Die Jahreskonferenz ermöglichte neben dem deutsch-indischen Austausch auch ein breites Spektrum inhaltlicher Debatten, die sich im weiteren Veranstaltungskalender des DWIH fortsetzten. KI erwies sich als eine ideale Klammer, um mit zahlreichen prominenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Vorträgen, Diskussionen, Seminaren oder Workshops einen inspirierenden Querschnitt deutscher und indischer Forschung zu zeigen – wie etwa im Rahmen der Science Circle Lectures. „Dieses Veranstaltungsformat ist in Indien inzwischen zu einer Marke geworden“, sagt die DWIH-Programmkoordinatorin Aadishree Jamkhedkar, und über diese Marke lasse sich Perspektivenvielfalt besonders gut transportieren.
Professor Astrid Rosenthal-von der Pütten vom Lehrstuhl für Technik und Individuum der RWTH Aachen ermöglichte mit ihrem Vortrag vor über 70 Teilnehmenden aus Universitäten, Industrie und Medien zum Beispiel eine lange und spannende Debatte darüber, was intelligente Systeme und Roboter noch alles an Fähigkeiten lernen müssen, um sich in das soziale System der Menschen einzufügen. Ein Abend mit dem prominenten Risikoforscher Professor Gerd Gigerenzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, adressierte Lösungsstrategien in einer nicht zuletzt durch die Digitalisierung komplexer werdenden Welt. Und ein neues Format, der Science Talk, kombinierte eine Vorführung des Filmklassikers „Metropolis“ mit einem Gespräch einer indischen und einer deutschen Wissenschaftlerin über Künstliche Intelligenz und die Auswirkungen auf Film und Literatur.
Aber auch andere Themen prägten das Jahr 2019. Mit dem Klimaforscher Professor Hans Joachim Schellnhuber debattierte das Publikum die deutsche Energiewende, ein Workshop in Chennai widmete sich den Herausforderungen angesichts des zunehmenden Elektroschrotts, und ein Seminar in Mumbai griff das Potenzial frugaler Innovationen für nachhaltige Entwicklung auf. „Auch für unsere Arbeit im vergangenen Jahr gilt, dass wir die gesamte deutsche Forschungslandschaft abzubilden versuchen – von Grundlagenforschung über angewandte Forschung bis zu forschenden Start-ups und Forschung in etablierten Unternehmen“, resümiert Katja Lasch. „Interdisziplinäre und intersektorale Vernetzung für mögliche Kooperation ist das übergeordnete Ziel.“
Für den Standort Indien ist es wichtig, Wissenschaft in die Regionen und Provinzen zu tragen, betont Katja Lasch. 2019 fand ein Drittel der 15 DWIH-eigenen Veranstaltungen bereits außerhalb Neu-Delhis statt, darunter auch das alljährliche Falling Walls Lab in Indien. Zu diesem Event in Manipal meldeten sich nochmals mehr Teilnehmende an als im Jahr zuvor; das führte erneut zu Spitzenbewerberzahlen unter allen Labs weltweit. „Außerdem konnten wir in diesem Rahmen zusammen mit der Kampagne ,Research in Germany‘ erstmals einen zusätzlichen Entrepreneurship-Preis vergeben und den Gewinner nach Deutschland zu einer Innovationsfortbildung senden“, erläutert Aadishree Jamkhedkar. Der Preis ermöglicht 15 im weltweiten DAAD- und DWIH-Netzwerk ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmern zusätzliche Trainings, Workshops und internationale Kontakte.
Autorin
Bettina Mittelstraß
DWIH-Momente 2019
DWIH-Momente 2019
GESTALTUNGSFRAGEN IN NEU-DELHI
In Neu-Delhi zeigte sich, dass auch Design die Zukunft der Arbeit prägt
In der Session „Redesigning Workspaces“ tauschten sich zum Beispiel die Architekten Christos Chantzaras (TU München) und Dr. Gaurav Raheja (IIT Roorkee) mit der Mensch-Maschine-Wissenschaftlerin Professor Barbara Deml (Karlsruher Institut für Technologie) und Sangeeta Ray, Vizepräsidentin von Siemens Real Estate in Indien aus. Das Unternehmen hat in Mumbai schon vor ein paar Jahren mit modern gestalteten, offenen Großraumbüros für Aufsehen gesorgt. Aadishree Jamkhedkar betont: „Es hat uns besonders gefreut, Eindrücke von einem deutsch-indischen Projekt zu vermitteln, das anschaulich für die Zukunft der Arbeitswelt steht.“
Praxisnahe Wissenschaft
Praxisnahe Wissenschaft
Enger Austausch von Industrie und Universitäten
Teure Impfstoffe verlieren auf den letzten Transportmetern ins indische Hinterland ihre Wirkung, weil sie entweder in Eiswürfeln gefrieren oder in deren Schmelzwasser zu warm geworden sind. Anstelle der problematischen Eiswürfelmethode am Ende einer notwendigen Kühlkette präsentierte der junge Forscher und Unternehmer Mayur Shetty beim Falling Walls Lab 2019 des DWIH Neu-Delhi die innovative Idee einer transportablen, batteriebetriebenen Kühlbox mit Temperaturkontrolle. Er gewann den Wettbewerb und das DWIH finanzierte ihm im November 2019 die Reise zum weltweiten Falling Walls Lab-Finale in Berlin. Mayur Shetty repräsentiert, wohin Indien strebt: nach mehr Innovation über eine engere Kooperation von Wissenschaft und Industrie, die das DWIH auch 2019 tatkräftig unterstützt hat.
„Dank der Organisation des DWIH und des DAAD kamen zum Falling Walls Lab Indien großartige junge kreative Forscher aus dem ganzen Land zusammen“, erzählt Dr. Arun Shanbhag, Chief Innovation Officer an der Manipal Academy of Higher Education (MAHE) in Indien und 2019 zum ersten Mal Jurymitglied beim Falling Walls Lab. „Diese Veranstaltung ist eine Plattform für vielschichtige Begegnungen – und diese Begegnungen sind für Indien noch wichtiger als der eigentliche Wettbewerb.“ Denn die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentieren ihre Ideen nicht nur Jury und Publikum. Die 15 Besten kommen zudem mit Industrievertretern und Unternehmerinnen und Unternehmern in Kontakt, die das DWIH zu diesem Anlass einlädt.
INDUSTRIENAHES STUDIUM
Wie ein praxis- und industrienahes Studium aussehen kann, zeigt sich in einer bereits zehnjährigen Kooperation einer deutschen und einer indischen Universität mit Industriepartnern: Die Technische Universität (TU) Braunschweig und das Birla Institute of Technology and Science (BITS) im indischen Pilani widmen sich unter dem Dach des Indo-German Center for Sustainable Manufacturing (IGCSM) dem Thema Nachhaltigkeit in der Produktion. Für das 2016 gestartete vierjährige Projekt „Joint Indo-German Experience Lab” (JInGel) im Rahmen des DAAD-Programms „Praxispartnerschaften mit Indien“ arbeiten die Universitäten zum Beispiel mit dem deutschen industriellen Bildungsdienstleister Festo Didactic zusammen. Festo unterstützt die Ausbildung der indischen Ingenieure mit dem Aufbau einer fabrikähnlichen Modellumgebung, in der Herstellungsprozesse abgebildet werden. „Wir haben in den letzten Jahren die Kooperation mit der Industrie in den Mittelpunkt gestellt, um forschungs- und problemorientierte Lehr- und Lernkonzepte indie Ausbildung zu integrieren, die es dann den Absolventen ermöglicht, in der Industrie in Indien und in Deutschland begehrt zu sein“, erklärt Professor Christoph Herrmann, der die Professur Nachhaltige Produktion und Life Cycle Engineering am Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der TU Braunschweig innehat und das IGCSM auf deutscher Seite leitet.
Wie wird man fit für die Zukunft der Arbeit? Diese Frage stand auch im Mittelpunkt des indisch-deutschen Symposiums „Future of Work“ im März 2019. Zahlreiche Expertinnen und Experten tauschten sich auf Einladung des DWIH Neu-Delhi zu Themen wie Künstlicher Intelligenz, neuen Arbeitsumgebungen und veränderten Prozessen aus. So schilderte zum Beispiel Professor Santosh Mehrotra von der Jawaharlal Nehru University anhand umfangreichen Datenmaterials die indische Perspektive auf die vierte industrielle Revolution. Dr. Didar Singh, Mitglied der Kommission der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zur Zukunft der Arbeit, hob hervor, dass sowohl akademische Institutionen als auch andere Ausbilder gefordert seien, die Arbeitnehmer adäquat zu qualifizieren und zu einer erfolgreichen Gründerkultur beizutragen. Zu den zentralen Herausforderungen für Indien zählte Singh unter anderem eine größere Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Doch auch hier bietet die Digitalisierung Chancen: Dr. Tanja Carstensen, Arbeitssoziologin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, verwies auf flexiblere Beschäftigungsmodelle, die etwa das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen und somit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Es war eines von vielen Themen, die während des „Future of Work“-Symposiums von den rund 300 Teilnehmenden aus Wissenschaft und Wirtschaft angeregt diskutiert wurden.
Autorin
Bettina Mittelstraß
„Der fachliche Austausch wird beflügelt“
„Der fachliche Austausch wird beflügelt“
Drei Fragen an Dr. Stefan Diederich, Koordinator der strategischen Indienaktivitäten im International Office der RWTH Aachen
An der RWTH Aachen sehen wir generell einen Mehrwert darin, wissenschaftliche Themen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und neue Verbindungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik aufzubauen. Außerdem sind die Beziehungen mit Indien sehr lebendig. Zum Beispiel wird das Indo-German Centre for Sustainability (IGCS) von der RWTH aus gemanagt; wir pflegen eine Strategische Partnerschaft mit dem IIT Madras, und unsere Forschung deckt viele für die deutsch-indische Zusammenarbeit bedeutsame Themenfelder ab. Zentrale Themen wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Student Entrepreneurship, partizipative Stadtentwicklung und nachhaltige Ressourcennutzung konnte die RWTH bereits prominent durch die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus in Neu-Delhi platzieren.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem DWIH Neu-Delhi?
Veranstaltungen mit dem DWIH beflügeln den fachlichen Austausch und die Bildung von themenspezifischen Netzwerken zwischen deutschen und indischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und bauen Brücken zu Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Unsere deutsch-indischen Aktivitäten im Jahr 2019 haben wir oft gemeinsam mit dem IIT Madras durchgeführt, das sich aufgrund seiner historischen Verbindung zu Deutschland und seiner wissenschaftlichen Exzellenz besonders dafür anbietet. Das gemeinsame Forschungsinteresse verbindet die Wissenschaftler, und in Zusammenarbeit mit dem DWIH Neu-Delhi haben wir ihre Forschung noch sichtbarer gemacht – zum Beispiel im Rahmen der erfolgreichen DWIH-Veranstaltungsreihe Science Circle Lecture.
Was ergibt sich aus der gemeinsamen Arbeit mit dem DWIH?
Wir teilen die vier strategischen Ziele des DWIH: Sichtbarkeit, Vernetzung, Beratung und das Generieren von Wissen über das jeweils andere Wissenschafts- und Innovationssystem sind auch für die RWTH Aachen von großer Bedeutung. Da ist es naheliegend, dass die RWTH das DWIH Neu-Delhi weiterhin tatkräftig unterstützt. Zudem ergeben sich aus dem großen Unterstützerkreis des DWIH viele relevante Impulse, etwa im Bereich der Forschungsförderung oder mit Blick auf Industriekooperationen in Indien. Wir sind dem Auswärtigen Amt und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst sehr dankbar für die zusätzlichen Chancen, die das DWIH für die Zusammenarbeit mit Indien eröffnet.
Interview
Bettina Mittelstraß
DWIH New York
DWIH New YorkDas Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus New York verbindet Deutschland und die USA außergewöhnlich facettenreich und mit großer Perspektivenvielfalt.
Benedikt Brisch (DAAD)
Programmkoordinator
Dietrich Wolf Fenner
Beiratsvorsitzender
Professor Dr. Kurt H. Becker
(NYU Tandon School of Engineering)
Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus New York
871 United Nations Plaza
New York, NY 10017, USA
Kontakt
info@dwih-newyork.org
www.dwih-newyork.org
Unterstützer des DWIH New York
www.dwih-newyork.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
DWIH New York im Fokus
DWIH New York im Fokus
Benedikt Brisch
„Was können Sie mit Ihrem vollen Terminkalender besser vereinbaren: eine Stunde am Tag zu trainieren oder 24 Stunden tot zu sein?“ Ralph A. Nixon, Professor für Psychiatrie und Zellbiologie am NYU Langone Medical Center, nutzte einen Cartoon als „Icebreaker“ für die Veranstaltung „Alzheimer’s Related Disorders and Autophagy“. Nixon verwies auf die wichtige Rolle körperlicher Bewegung bei der Vorbeugung von Demenz. Deutsche und amerikanische Forschende hatten sich Ende Oktober 2019 auf Einladung des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses (DWIH) New York getroffen, um sich zu neuen Ansätzen in der Bekämpfung neurodegenerativer Erkrankungen in einem Workshop auszutauschen und die Ergebnisse anschließend im Rahmen einer öffentlichen Abendveranstaltung zu präsentieren. Zentral war dabei Autophagie, der Selbstreinigungsprozess auf zellulärer Ebene, der bei Alzheimer, Parkinson und zahlreichen seltenen Erkrankungen gestört ist.
„Wir wollten ein neues Forschungsnetzwerk starten, das Autophagie gewissermaßen als Metaebene nutzt, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen“, erklärt Dietrich Wolf Fenner, seit Anfang Oktober 2019 Programmkoordinator des DWIH New York. „Obwohl es natürlich regen transatlantischen Austausch unter den Forschenden gibt, war diese thematische Klammer als Arbeitsgrundlage tatsächlich etwas Neues.“ Nicht nur die Forschung an Alzheimer, sondern auch an Parkinson und einer Reihe von seltenen Erkrankungen könnte von der weiteren Untersuchung des Autophagie-Mechanismus profitieren, so Professor Christian Behl, Direktor des Instituts für Pathobiochemie, Universitätsmedizin, an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die zusammen mit ihrem Partner New York University die DWIH-Veranstaltung fachlich konzipiert hatte.
EINSATZ FÜR MULTILATERALISMUS
Neue Netzwerke zu schaffen und multilateralen Austausch zu ermöglichen sind Schwerpunkte der Arbeit des DWIH New York. Das zeigte sich auch bei der Veranstaltung „Catch the Sun: How Fusion Energy can Benefit our Societies“, die Anfang November 2019 in Kooperation mit der Universität Freiburg im German House New York, der Heimat des DWIH, stattfand. Im Zentrum stand der Forschungsreaktor ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) – eine milliardenschwere Großanlage in Frankreich, an der ein internationales Forscherteam daran arbeitet, kontrollierte Kernfusion zu ermöglichen und als Energiequelle nutzbar zu machen. Für Benedikt Brisch, Direktor des DWIH New York, war das unter anderem mit Dr. Hans-Henrich Altfeld, Direktor des ITER Project Control Office, hochkarätig besetzte Event auch eine Gelegenheit, ein wichtiges wissenschaftspolitisches Statement zu setzen. „Der ITER ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass Grundlagenforschung einer bestimmten Größenordnung und globalen Relevanz wie die Lösung der Frage nach einer klimaschonenden Energieform nur multilateral zu lösen ist.“
Vielschichtiger Austausch gelang 2019 besonders eindrucksvoll mit dem neuen Format des „Future Forum“ zum DWIH-Jahresthema Künstliche Intelligenz. Der umfassende Blick auf KI bot, wie Brisch hervorhebt, auch einen Realitätscheck bezüglich der angeblichen transatlantischen Spaltung zwischen Befürworterinnen (USA) und Skeptikerinnen (Deutschland und Europa): „Das ist zu einfach. Die Konferenz hat gezeigt, dass auf beiden Seiten des Atlantiks ein hohes Bewusstsein sowohl für Risiken wie für Chancen da ist.“ So gebe es gerade in der amerikanischen Tech-Szene sehr viel kritische Reflexion über die Risiken, weil neue Technologien in den USA häufig schneller eingeführt werden als in Deutschland.
BREITE DISKURSRÄUME
Einen gleichfalls intensiven transatlantischen Dialog beförderte das Event „Regulating Big Tech? Transnational Perspectives on Privacy, Antitrust and Consumer Protection“, das Mitte Oktober in Chicago stattfand. Die DWIH-Veranstaltung war die erste in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg als neue assoziierte Unterstützerin des DWIH New York. „Neben unseren Hauptunterstützern, den Universitäten, Forschungs- und Wirtschaftszentren mit Niederlassungen in den USA, wollen wir in Zukunft auch verstärkt mit Partnerinnen zusammenarbeiten, die zwar schon über ein starkes Netzwerk in den USA verfügen, aber dort nicht vertreten sind“, so Programmkoordinator Fenner. Zudem will sich das DWIH auch stärker außerhalb New Yorks engagieren und wählte deshalb den Veranstaltungsort Chicago.
Das Forum eröffnete einen breiten Diskursraum zu den Themen Verbraucher- und Datenschutz. „Wir erzielen einen großen Lerneffekt, wenn wir dafür sensibilisieren, wie solche Fragen in unterschiedlichen Wirtschaftssystemen und Gesellschaften wie den USA und Deutschland verhandelt werden“, sagt Benedikt Brisch. So relativiere sich die amerikanische Kritik an Regulation, wenn auch die ökonomischen Vorteile des Verbraucherschutzes deutlich werden: verlässlicher Daten- und Verbraucherschutz führt zu mehr Bereitschaft, sich auf neue Technologien und Künstliche Intelligenz einzulassen. Und der in Deutschland stets geforderte hohe Datenschutz dürfe dann hinterfragt werden, wenn er nützliche oder gar lebensrettende Innovationen verhindere.
Autor
Klaus Lüber
DWIH-Momente 2019
DWIH-Momente 2019
ZUKUNFTSFORUM IN NEW YORK
In New York wurden Chancen und Grenzen der KI interdisziplinär diskutiert
Dietrich Wolf Fenner, Programmkoordinator des DWIH New York, blickt begeistert zurück auf die vielen interaktiven Workshops und Debatten. „Unser Ziel war es, die Teilnehmenden aktiv mit den Ideen von KI arbeiten zu lassen und sich so auf neue Perspektiven und Ansätze einlassen zu können.“ Der differenzierte Blick ist Fenner wichtig: „Ich bin immer noch fasziniert von der Keynote der Neurowissenschaftlerin und Unternehmerin Vivienne Ming, die die Diskussion auf die Kernformel brachte: Wenn wir nein sagen zu KI, dann werden Millionen von Menschen an durch Technologie diagnostizier- und behandelbaren Krankheiten sterben. Wenn wir ja sagen, schaffen wir eine neue Intelligenz, die mächtig genug sein wird, um sämtliche Bürgerrechte auszuhebeln.“
DWIH Future Forum 2019Demystify A.I.
Innovationstreiber in New York
Innovationstreiber in New York
Kontakte, die Wissenschaft und Wirtschaft weiterbringen
„Wir alle in diesem Raum sind gefragt“, rief der Unternehmer André König in einer New Yorker Diskussionsrunde. Über 100 geladene internationale Gäste diskutierten die Dimensionen von Big Data, die Chancen von Quantencomputern, die Bedeutung von Cyber Security und das Potenzial der Digitalisierung in der Finanzbranche. Der digitale Wandel fordert alle zum Handeln. Zu „A Transatlantic Dialogue on Data-Driven Innovation“ hatten das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) und die Deutsch-Amerikanische Handelskammer in New York (AHK New York) eingeladen. Beide Institutionen verbindet ein langjähriger, erfolgreicher Austausch, der regelmäßig Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammenbringt. „Große Zukunftsfragen, zum Beispiel zur Künstlichen Intelligenz, kann kein einzelner Bereich alleine beantworten“, sagt Benedikt Brisch, Direktor des DWIH New York.
Auf dem Podium des transatlantischen Dialogs diskutierte mit dem in Quantencomputer investierenden André König der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler Professor Andreas Hackethal, ein Experte im Bereich E-Finance. Ebenfalls auf dem Podium: David Dabschek, der sich als Unternehmensgründer und Dozent an der New Yorker Universität Columbia mit Innovationen beschäftigt, und Professor Kristina Sinemus, die ihre Erfahrungen als erfolgreiche Unternehmerin und Hochschuldozentin in ihr Amt als Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung einbringt. Ministerpräsident Volker Bouffier eröffnete den Dialog als Leiter einer hessischen Delegation aus Wissenschaft und Politik. Auch der kurz zuvor zum neuen DAAD-Präsidenten gewählte Professor Joybrato Mukherjee gehörte als Präsident der Universität Gießen der Delegation an. „Hessen ist eines der führenden Zentren der Informations- und Kommunikationstechnologie in Deutschland und Europa“, sagte Bouffier und verwies auf über 11.000 Unternehmen in diesem Bereich im Bundesland. In Darmstadt befindet sich das größte Forschungszentrum für Cyber Security und Privatsphäre in Europa, in Frankfurt am Main der größte Internet-Knotenpunkt der Welt: DE-CIX. Der Austausch von Forschung, Industrie und Politik sei, so Bouffier, grundlegend für die Digitalisierungsstrategie Hessens.
Etabliert in New York
Dietmar Rieg, Geschäftsführer der AHK New York, engagiert sich für den interdisziplinären Austausch. Seit seinem Amtsantritt im Juli 2013 ist er Mitglied im Beirat des DWIH und unterstützt das Haus in Strategiefragen. „Das DWIH hat sich in New York etabliert und bringt seine Themen sehr gut voran“, sagt Rieg. „Das Feedback der AHK-Mitgliedsunternehmen ist ausgezeichnet.“ Energieversorgung, Autonomes Fahren oder Cyber Security sind Aufgaben, die sich nur im Verbund lösen lassen. Deshalb planen AHK und DWIH zu diesen Themen gemeinsame Veranstaltungen. Die Partnerschaft hat sich bei weiteren Formaten bewährt, etwa beim internationalen Innovationswettbewerb Falling Walls Lab, für den sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ebenso bewerben können wie junge Unternehmerinnen und Unternehmer. Die Finalisten für die jährliche Schlussveranstaltung in Berlin werden weltweit in Vorentscheiden ermittelt. Zwei davon richtete das DWIH 2019 aus, in Boston und New York.
Die Verbindung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft verkörpern besonders Start-ups, deren Gründer aus der Forschung kommen. Diese Zielgruppe haben beide Organisationen. Das DWIH unterstützt zum Beispiel deutsche Gründerinnen und Gründer, frühzeitig die Zusammenarbeit mit amerikanischen Hochschulen anzustreben. Die Start-ups können in diesem Umfeld kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren. Die AHK New York wiederum gibt mit ihrem Start-up-Programm STEP häufig den Anstoß dafür, dass Gründer überhaupt den Sprung über den Atlantik machen. Künftig wollen DWIH und AHK im innovativen Start-up-Sektor noch enger kooperieren. Ihr Standort könnte kaum besser sein, wie Dietmar Rieg verdeutlicht: „In New York gibt es rund 9.000 Start-ups und 140 Inkubatoren sowie 400 Unternehmen, die als Wagniskapitalgeber in Gründer investieren. Wer sich über Entrepreneurship und Start-ups austauschen möchte, ist in New York am richtigen Ort.“
Autoren
Christine Mattauch / Johannes Göbel
„Höhere Sichtbarkeit für transatlantische Themen“
„Höhere Sichtbarkeit für transatlantische Themen“
Drei Fragen an Dr. Eva Bosbach, Direktorin des New Yorker Büros der Universität zu Köln
2019 war geprägt vom „Deutschlandjahr in den USA – Wunderbar Together“, zu dem auch unser Nordamerika-Büro der Universität zu Köln mit einigen Veranstaltungen beitragen konnte. Ein Highlight war dabei unser zusammen mit dem DWIH New York veranstaltetes Event zum Thema „Diversity and Multilingualism in a Megacity“ am Internationalen Tag der Muttersprache mit der zentralen Frage, wie Bildungswissenschaftlerinnen und Bildungswissenschaftler, politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger und die weitere Gesellschaft zusammenarbeiten können, um Diversität und Mehrsprachigkeit in Metropolregionen wie New York zu fördern. Auch durch die Beteiligung der NYU-Prorektorin Lisa Coleman und eines Vertreters des NY City Councils hat die Veranstaltung nachhaltigen transatlantischen Austausch angeregt.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit dem DWIH New York erlebt?
Das DWIH ist ein zentraler Partner bei unserer Nordamerika-Arbeit. Die gegenseitige Unterstützung und enge Kooperation – unser Büro befindet sich wie das DWIH im German House New York und gehört zu seinen Hauptunterstützern – ermöglichen es, unsere Ziele in Nordamerika noch effizienter umzusetzen. Wir bündeln finanzielle Mittel, erweitern gegenseitig unsere Zielgruppen, arbeiten zusammen bei der Planung und Durchführung von Projekten und können so insgesamt wichtige transatlantische Themen durch größere Veranstaltungsformate mit höherer Sichtbarkeit realisieren. So haben wir über die Jahre viele Events erfolgreich zusammen durchgeführt und unter anderem die Reihe „Aging and Society“ begründet, in der wir von medizinisch-pharmazeutischen bis zu gesellschaftlich-ethischen Fragen verschiedene Aspekte des Alterns untersuchen. Die Zusammenarbeit mit dem DWIH-Team ist dabei immer eine Freude!
Welche Bedeutung hat New York für Sie?
Die USA und Kanada zählen aufgrund ihrer ausgeprägten Innovationslandschaft und als Heimat vieler unserer Partneruniversitäten im Rahmen unserer Internationalisierungsstrategie zu den Hauptzielregionen der Universität zu Köln. Auch hier teilen wir die Ziele mit dem DWIH: Wir möchten in Nordamerika unsere Sichtbarkeit erhöhen, Wissen vermitteln, Beratung anbieten und Vernetzung ermöglichen. Dazu bietet das New Yorker Büro Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität zu Köln – unter anderem aus unseren Exzellenzclustern für Alternsforschung, Pflanzenwissenschaften, Märkte & Public Policy, sowie Materie und Licht für Quanteninformation – Plattformen, ihre exzellente Forschung in Nordamerika zu präsentieren und neue Kooperationen anzubahnen.
Interview
Klaus Lüber
DWIH São PauloDas Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo unterstützt den deutsch-brasilianischen Dialog auf vielfältige Weise und nimmt dabei verschiedenste Themen in den Blick.
Dr. Jochen Hellmann (DAAD)
Programmkoordinator
Marcio Weichert
Beiratsvorsitzende
Nora Jacobs (Freie Universität Berlin)
Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo
Rua Verbo Divino, 1488 – Térreo
04719-904 São Paulo – SP, Brasilien
Kontakt
info@dwih-saopaulo.org
www.dwih-saopaulo.org
Unterstützer des DWIH São Paulo
www.dwih-saopaulo.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
DWIH São Paulo im Fokus
DWIH São Paulo im Fokus
Dr. Jochen Hellmann
Es war ein Rekordjahr: Rund 30 Veranstaltungen und Projekte unterstützte das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo 2019 finanziell oder institutionell. Sie alle machen deutlich, wie groß das Interesse am deutsch-brasilianischen Dialog ist. „Wir konnten 2019 erneut hervorragende Wissenschaftler aus Deutschland für eine Reise nach Brasilien gewinnen“, berichtet DWIH-Direktor Dr. Jochen Hellmann. „Das ist einer der ganz wesentlichen Punkte für den Erfolg des DWIH in Brasilien.“ Insbesondere an den Veranstaltungen mit Bezug zum DWIH-Jahresthema Künstliche Intelligenz (KI) lässt sich dieser Erfolg ablesen.
So konnte zum Beispiel Professor Joachim Hornegger, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), als Keynote Speaker für den Deutsch-Brasilianischen Innovationskongress in São Paulo gewonnen werden. 2019 fand der von der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer von São Paulo (AHK São Paulo) initiierte und vom DWIH mitveranstaltete Kongress bereits zum siebten Mal statt. Hornegger vermittelte in seinem Vortrag einen umfassenden Eindruck von der erstaunlichen Vielfalt der Anwendungsbereiche der KI in unterschiedlichen Wirtschafts- und Lebensbereichen. Er unterstrich mit vielen Beispielen vor allem die enge Zusammenarbeit von Grundlagenforschung und Wirtschaft für Innovationen. „Für das DWIH São Paulo ist das ein wichtiges Signal, das auch bei der brasilianischen Wirtschaft zunehmend Gehör findet“, sagt DWIH-Programmkoordinator Marcio Weichert. Jochen Hellmann, der das Amt des Direktors 2019 von Dr. Martina Schulze übernommen hat, verweist auf die besondere Rolle des DWIH: „Wir können in Brasilien eine Brückenfunktion zwischen universitärer Grundlagenforschung und Anwendung wahrnehmen.“
Wie die Brücke zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gespannt werden kann, zeigte sich zum Beispiel im Workshop „Künstliche Intelligenz für Neurologie und Anästhesie-Anwendungen“, den der Fachbereich für Medizin des DWIH-Unterstützers FAU Erlangen-Nürnberg im März 2019 gemeinsam mit dem Hochschulklinikum der Universität São Paulo (USP) organisiert hatte. Die vom DWIH São Paulo unterstützte Veranstaltung zielte auf die Nutzung neuer Trends in der Künstlichen Intelligenz für mehr Effizienz und Effektivität in der Medizin. Eine große deutsche Delegation der FAU, die Teilnahme von Start-ups, Siemens Brasilien sowie zahlreiche beeindruckende Beiträge seitens der USP bereicherten den Workshop nachhaltig, sagt Weichert. „Die beteiligten Partner sehen gemeinsamen Forschungsprojekten optimistisch entgegen.“
TRANSDISZIPLINÄRE PERSPEKTIVEN
Die Vielfalt der deutschen Forschung im Feld der KI spiegelte der vom DWIH unterstützte Workshop „From Socionatures to Humanoid Robots“ mit transdisziplinären Perspektiven auf das Verhältnis von Mensch und Maschine. Er ermöglichte unter anderem die Debatte mit Professor Christoph Benzmüller vom Dahlem Center for Machine Learning and Robotics der Freien Universität Berlin (FU) über ethisch-rechtliche Aspekte und die Kontrolle von KI-Systemen. „Das DWIH São Paulo ist ein Ort für Querschnittsfragen“, betont Jochen Hellmann. Gerade das Jahresthema KI habe sich für Dialogformate geeignet, die neben der technischen Seite der Informatik auch Fragen der Geistes- und Sozialwissenschaften verhandeln konnten: „Wie denken wir? Zu welchem Zweck? Wie wirkt KI auf die Psyche? Wie können Menschen sich behaupten, wenn die Algorithmen und die Maschinen immer wichtiger werden?“
Das gemeinsame Gespräch und der interdisziplinäre Austausch sind grundlegend für den Deutsch-Brasilianischen Dialog über Wissenschaft, Forschung und Innovation. Bereits zum achten Mal lud das DWIH mit der São Paulo Research Foundation (FAPESP) 2019 zu dem Jahreshöhepunkt ein. Die etablierte Veranstaltung widmete sich 2019 Ursachen von und Strategien gegen Radikalisierung und Gewalt und adressierte damit ein in Brasilien und weltweit aktuelles und virulentes Thema. Wie sehr politische Gewalt in Demokratien die internationale Gemeinschaft fordert, war zum Beispiel Thema des Vortrags von Professor Brigitte Weiffen, Inhaberin des DAAD-geförderten Martius-Lehrstuhls für Deutschland- und Europastudien an der Universität São Paulo (USP). Während Weiffen die Einflussmöglichkeiten von Institutionen wie den Vereinten Nationen und dem Internationalen Strafgerichtshof behandelte, ging Dr. Stefan Sieber vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung auf die Frage der Ernährungssicherheit in der globalisierten Welt ein. Dabei wurde auch deutlich, wie Konflikte um Ressourcen Migration verursachen.
Fluchtbewegungen und ihre Darstellung in den Medien waren übrigens schon im März 2019 das Thema für zwei Symposien in Florianópolis und Brasília, mit denen das DWIH die Zusammenarbeit der Technischen Universität (TU) Dortmund mit der Universität Brasília (UnB) und der Bundesuniversität Santa Catarina (UFSC) unterstützen konnte. Ein weiteres Format, das auf außerordentliche Resonanz beim Publikum aus Wissenschaft und Wirtschaft traf.
Autorin
Bettina Mittelstraß
DWIH-Momente 2019
DWIH-Momente 2019
BREITER DISKURS IN SÃO PAULO
Starke Formate boten in São Paulo Abwechslung
Der Innovationskongress wird traditionell von der AHK São Paulo mit Unterstützung des DWIH ausgerichtet. Mit ProfessorJoachim Hornegger, KI-Fachmann und Präsident der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, wurde ein herausragender Keynote Speaker gewonnen. Auch sprach Professor Rolf Rossaint, Leiter des Fachbereichs für Anästhesiologie an der RWTH Aachen, über die Entwicklung der Telemedizin in der nichtstationären Notfallbehandlung. Barbara Waelkens vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) stellte ein deutsch-brasilianisches Projekt zur Umwandlung von Abwasser in Biogas vor. Marcio Weichert verdeutlicht den Anspruch des DWIH: „Wir präsentieren Referentinnen und Referenten, die für großes Innovationspotenzial stehen.“
Potenziale der KI
Potenziale der KI
Veränderungen für Mensch und Maschine
Herr Professor Hornegger, Anfang Oktober 2019 haben Sie auf dem Deutsch-Brasilianischen Innovationskongress in São Paulo die Keynote zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) gehalten. Warum war es Ihnen wichtig, über dieses Thema in Brasilien zu sprechen?
Ohne Zweifel ist Brasilien eines der Zentren für Spitzenforschung und einer der wirtschaftlichen Taktgeber in Lateinamerika. Und ohne Zweifel steht Künstliche Intelligenz aktuell auf der öffentlichen Agenda ganz oben. Was liegt näher, als beides zu verbinden? Zumal in São Paulo zahlreiche innovative Akteure aus dem KI-Bereich aktiv sind. Egal, wie lange der Hype um KI anhalten wird – für mich steht außer Frage, dass diese Technologie immer mehr Anwendungen finden wird. Sie wird unser Leben weiter verändern – und dies anders, als wir das heute vermuten. Unerlässlich erscheint mir daher auch ein gesellschaftlicher Diskurs, der die Entwicklungen eng und unter Berücksichtigung realistischer Szenarien begleitet. Ich bin sogar der Meinung, dass eine solche Auseinandersetzung hier noch wichtiger ist als bei anderen technischen Innovationen in der Vergangenheit.
Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Vortrag gesetzt?
Mir war es in São Paulo wichtig zu zeigen, dass uns Künstliche Intelligenz bereits heute in vielen Bereichen begegnet – zum Teil völlig unbemerkt. Unsere Universität veranschaulicht den Einfluss der KI auf verschiedene Wissenschaftsfelder sehr gut: Mehr als 60 Lehrstühle und Professuren erforschen KI-Themen oder befassen sich mit KI-Anwendungen. Es sind nicht nur Disziplinen vertreten, die Ihnen in diesem Zusammenhang sofort einfallen würden, wie Informatik, Mathematik oder Ingenieurwesen, sondern auch Kunstgeschichte, Buchwissenschaft, Ethik, Soziologie oder Rechtswissenschaft. Bei den Fragen und in Gesprächen im Anschluss an meinen Vortrag habe ich gemerkt: Künstliche Intelligenz treibt die Menschen um, weckt Hoffnungen, bietet Chancen und stellt uns vor große Herausforderungen.
Wie der Brasilianisch-Deutsche Innovationskongress stärken auch die Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH) den Austausch von forschender Wirtschaft und Wissenschaft. Worin liegt der besondere Wert dieser Foren?
Diese Einrichtungen und Veranstaltungen bilden eine ideale Plattform, sich auf ganz verschiedenen Ebenen auszutauschen. Insbesondere die DWIH sind gut vernetzt und fördern den Dialog. Wenn Sie sich bei der Suche nach möglichen Partnern an ein DWIH wenden, können Sie sicher sein, dass der passende Kontakt gefunden wird, der über entsprechendes Fachwissen verfügt. Ganz Lateinamerika, aber besonders Brasilien als größte Volkswirtschaft, ist wichtig für die deutsche Wirtschaft und Wissenschaft. Eines der Zentren bildet natürlich der Bundesstaat São Paulo – nicht umsonst unterhält unsere Universität mit dessen Stiftung zur Forschungsförderung (FAPESP) eine Kooperation, die es ermöglicht, gemeinsame Projekte zu beantragen. Dies nutzen bereits einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und führen erfolgreiche Projekte durch.
Die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg zählt schon seit Anfang 2016 zu den Unterstützern des DWIH São Paulo. Wie profitiert Ihre Universität von dieser Kooperation?
Zunächst einmal sind da die Veranstaltungen für Forscherinnen und Forscher, die diesen die Chance bieten, Unternehmen und Hochschulen vor Ort kennenzulernen. Darüber hinaus nimmt das DWIH für die FAU die Rolle eines Multiplikators ein – so können wir wertvolle Kontakte in Wirtschaft und Wissenschaft aufbauen und pflegen. Ein gutes Beispiel dafür ist die erfolgreiche Zusammenarbeit der FAU und des Medical Valley Europäische Metropolregion Nürnberg in der Medizintechnik. Oder nehmen Sie das Thema KI: In São Paulo sind viele Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen zu finden, die in diesem Bereich arbeiten und forschen. Besonders beeindruckt haben mich die Gründerszene und die Förderungen für Unternehmensgründungen.
Auch das Bayerische Hochschulzentrum für Lateinamerika (BAYLAT), das seinen Sitz an der FAU hat, ist Unterstützer des DWIH São Paulo. Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus?
Bereits seit Beginn arbeitet BAYLAT mit dem DWIH São Paulo zusammen. Das Hochschulzentrum gewinnt strategische Partner für bayerische Hochschulen in ganz Lateinamerika. Was dabei ganz entscheidend ist: Es unterstützt die Forschungseinrichtungen, die entsprechenden Gelder einzuwerben. Und das mit Erfolg – es gibt heute mehr Zusammenarbeit in der Forschung zwischen den Ländern.
Interview
Johannes Göbel
„Die internationale Zusammenarbeit hat signifikant zugenommen“
„Die internationale Zusammenarbeit hat signifikant zugenommen“
Drei Fragen an Prof. Dr. Marco Antonio Zago, Präsident des Stiftungsrats von FAPESP
Sowohl Grundlagen- als auch angewandte Forschung zur KI, vom Maschinellen und Tiefen Lernen über Sprachverarbeitung bis hin zum Maschinellen Sehen, sind im Fokus von FAPESP – und das schon seit 1987, als wir die ersten Projekte zur Erforschung neuronaler Netzwerke förderten. Um zwei aktuelle Beispiele zu unserem Engagement in diesem Forschungsfeld zu geben: An der Universität São Paulo haben wir, in Partnerschaft mit IBM, ein KI-Forschungszentrum eingerichtet, dessen Förderung auf zehn Jahre angelegt ist. Gemeinsam mit dem brasilianischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie haben wir zudem eine Ausschreibung für eine jeweils fünfjährige Förderung von vier KI-Zentren gestartet.
Was verbindet FAPESP mit dem DWIH São Paulo?
In São Paulo ist das DWIH der zentrale Bezugspunkt für die zunehmende Kooperation mit deutschen Wissenschaftsinstitutionen, Hochschulen und forschenden Firmen. Derzeit ist FAPESP mit zahlreichen deutschen Organisationen durch Kooperationsvereinbarungen verbunden. Auf Grundlage eines „Memorandum of Understanding“ unterstützen das DWIH São Paulo und FAPESP seit 2015 die Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Innovation. Zudem haben wir 2019 den 8. Deutsch-Brasilianischen Dialog über Wissenschaft, Forschung und Innovation veranstaltet.
Was zeichnet aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit von Brasilien und Deutschland in der Forschung aus?
Im vergangenen Jahrzehnt hat die internationale Forschungszusammenarbeit im Staat São Paulo signifikant zugenommen. Das ist das Ergebnis synergetischer Initiativen der Universitäten sowie der wachsenden Unterstützung durch Förderagenturen, insbesondere vonFAPESP. So lag etwa der Anteil internationaler Ko-Publikationen an den wissenschaftlichen Veröffentlichungen in den 2000er-Jahren noch bei 27 Prozent; mittlerweile ist er auf knapp 40 Prozent angestiegen. Deutschland zählt weltweit zu den fünf wichtigsten Partnerländern Brasiliens in der Wissenschaftskooperation. Es zeichnet sich zudem durch die langjährige Ausrichtung seiner Wissenschaftsorganisationen an internationaler Zusammenarbeit aus, verbunden mit vielfältigen und flexiblen Rahmenbedingungen, die Partnerschaften erleichtern. Das ermöglicht nicht nur den Austausch von Studierenden und Forschenden, sondern insbesondere auch gemeinsame, sich ergänzende Forschungsprojekte. ·
Interview
Johannes Göbel
DWIH TokyoMit trilateralen Kooperationen erreicht das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo außergewöhnliche Strahlkraft in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.
Dorothea Mahnke (DAAD)
Programmkoordinatorin
Laura Blecken
Beiratsvorsitzender
Dr. Susanne Brucksch
(Deutsches Institut für Japanstudien)
Adresse
Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo
OAG Haus 4F
7-5-56 Akasaka, Minato-ku,
Tokyo 107-0052, Japan
Kontakt
info@dwih-tokyo.org
www.dwih-tokyo.org
Unterstützer des DWIH Tokyo
www.dwih-tokyo.org/de/netzwerk/unterstuetzer/
DWIH Tokyo im Fokus
DWIH Tokyo im Fokus
Dorothea Mahnke
Es sind nicht allein Brücken zwischen Forschenden aus verschiedenen Ländern, die das DWIH Tokyo baut. Über die Zeit verbindet das Haus auch die unterschiedlichsten Facetten des DWIH-Jahresthemas „Künstliche Intelligenz“ (KI) miteinander. Schon Ende 2018 fand das 1. Japanisch-Deutsch-Französische DWIH-Symposium zu KI statt. Damit war das Fundament für einen intensiven Austausch gelegt, den 2019 die trilateralen Veranstaltungen zu „KI und Sustainable Development Goals“ und „KI im Gesundheitswesen“ weiterführten. „Uns ist es wichtig, neue Aspekte und unterschiedliche Perspektiven in den japanisch-deutsch-französischen Austausch zur Künstlichen Intelligenz einzubringen“, sagt Dorothea Mahnke, Direktorin des DWIH Tokyo.
Die Konferenz „KI und SDGs“ machte im Oktober 2019 deutlich, dass Künstliche Intelligenz auch im Umweltschutz Lösungswege aufzeigt. In einer Session sprachen Professor Masaru Yarime über die Rolle von „Smart Cities“ in ihren Anstrengungen gegen den Klimawandel, Professor Christophe Cérin über „Smart Buildings“ und Professor Wolfgang Ketter über „Smart Markets“. Die Fragen konzentrierten sich auf nachhaltige, zukunftsfähige Urbanität – und wiesen somit auch schon den Weg zum DWIH-Jahresthema 2020, „Städte und Klima“.
Zusammenhänge und Kontakte herstellen, die langfristig Wirkung entfalten: Das gelingt dem DWIH Tokyo auf besondere Weise durch seine Rolle als Plattform für den japanisch-deutsch-französischen Austausch. „Diesen drei Ländern können bedeutende Kooperationen auf dem Weg der digitalen Transformation gelingen”, sagt Professor Michihiko Minoh, Executive Director von RIKEN, Japans größter außeruniversitärer Forschungsinstitution. Minoh zählte zu den hochrangigen Teilnehmenden des DWIH-Forums zu KI im Gesundheitswesen im Dezember 2019.
„Datenwissenschaft und Datenschutz bilden im Einklang die Grundlage für Innovationen“, so Minoh. „Da ich für diese Themen bei RIKEN verantwortlich bin, hat das Forum des DWIH mein Interesse geweckt.“ Minoh sprach auf dem Abschlusspanel des Forums, das von Dr. Kazuhiro Sakurada, stellvertretender Programmdirektor des RIKEN Medical Sciences Innovation Hub, sowie von Professor Klaus Juffernbruch, Vorsitzender der Expertengruppe „Intelligente Gesundheitsnetze“ des Digital-Gipfels der Bundesregierung, moderiert wurde. Sakurada und Juffernbruch zählten schon zu den prägenden Teilnehmern des 1. Japanisch-Deutsch-Französischen DWIH-Symposiums zur Künstlichen Intelligenz im Jahr 2018.
Der Wert wissenschaftlicher Vernetzung zeigt sich auch in der Zusammenarbeit des DWIH Tokyo mit seinen Unterstützern: „Unsere Unterstützer haben ihrerseits große Netzwerke, die uns in unserer Arbeit bereichern“, sagt DWIH-Direktorin Mahnke. So war etwa die Deutsch-Japanische Juristenvereinigung (DJJV), seit 2019 neu im Kreis der DWIH-Unterstützer, Partnerin bei der Veranstaltung „LegalTech: Künstliche Intelligenz im Recht und in der Justiz – Chancen und Risiken“ im Oktober 2019 an der Keio Universität in Tokyo. Mahnke nennt mit Blick auf weitreichende Vernetzung auch die Winter School „Quantifying Dynamics of Life“ der Universitäten Heidelberg und Kyoto, die Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen aus den Fachbereichen Medizin, Physik, Mathematik, Chemie, Biologie und den Ingenieurwissenschaften in der traditionsreichen japanischen Hochschulstadt zusammenführte.
„Das Aufbauen von Kontakten und Netzwerken hat gerade in Japan besondere Bedeutung“ unterstreicht Sabine Schenk, Koordinatorin der Außenstelle der Universität Heidelberg in Kyoto. „Die Universitätspartnerschaft zwischen Heidelberg und Kyoto ist über viele Jahre gewachsen und reich an fachlichen Anknüpfungspunkten. Zugleich profitieren wir im Austausch mit dem DWIH von dessen Kontakten und der Anbindung an die Hauptstadt Tokyo.“ Wie wertvoll dieser Austausch ist, belegt eine Veranstaltung im Dezember 2019: Der Big Data-Experte Professor Thomas Ganslandt, Medizininformatiker an der Universität Heidelberg, sprach zwei Tage nach dem DWIH-Forum zu KI im Gesundheitswesen auch an der Universität Kyoto. Dort stellte er das deutsche MIRACUM-Konsortium aus zehn Universitätsklinika, zwei Hochschulen und einem Industriepartner vor, das klinische Daten, Bilddaten und Daten aus molekularen und genomischen Untersuchungen nutzbar machen möchte.
Welche Erkenntnisse und konkreten Anwendungen bringen die Menschheit voran? Diese Frage steht alljährlich im Mittelpunkt des weltweiten Innovationswettbewerbs Falling Walls Lab, den das DWIH Tokyo und EURAXESS ausrichten. 2019 gewann den Hauptpreis der kanadische Materialwissenschaftler Collin Stecker vom Okinawa Institute of Science and Technology mit seinem Beitrag zu einem vielseitigen, kostengünstigen Solarzellensystem. Der Japaner Riku Yamada, Physikstudent an der Universität Tokyo, erhielt den erstmals ausgelobten „Entrepreneurship Prize“ der Initiative „Research in Germany“ für seine Ideen zur Verwertung von Essensresten. „Die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist uns sehr wichtig“, betont Dorothea Mahnke. „Schließlich sind Zukunftsthemen wie KI und Nachhaltigkeit für das DWIH Tokyo von besonderer Bedeutung.“
Autor
Johannes Göbel
DWIH-Momente 2019
DWIH-Momente 2019
ANDAUERNDER AUSTAUSCH IN TOKYO
KI und Medizin wurden in Tokyo vielfältig thematisiert
Im Forum tauschten sich Forschende und Fachkräfte ebenso aus wie Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Regulierungsbehörden. Das Publikum konnte sich in Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden einbringen. „Uns war es wichtig, Raum für echten Dialog und auch kritische Rückfragen zu schaffen“, sagt Konstanze Lang. Die Themen reichten von der gesellschaftlichen Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz in der Medizin, über die Dr. Kiyoyuki Chinzei vom National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) sprach, bis zur Herausforderung, KI-Leistungen im Gesundheitswesen abzurechnen, die Julia Hagen vom „health innovation hub“ des Bundesgesundheitsministeriums vorstellte. Auch Konstanze Langs Nachfolgerin Laura Blecken setzt sich für nachhaltigen Austausch ein – sie koordinierte im Jahr 2019 bereits die trilaterale Konferenz zu „AI for SDGs“ in Tokyo.
Trilaterale Kooperation
Trilaterale Kooperation
Gemeinsam für Innovationen in Künstlicher Intelligenz
Dr. Sandrine Maximilien, Wissenschaftsattachée an der Französischen Botschaft in Tokyo, bringt auf den Punkt, welches Ziel am Anfang eines besonderen trilateralen Austauschs stand: „400 der besten Expertinnen und Experten sowie politischen Entscheidungstragenden aus Japan, Deutschland und Frankreich zusammenzubringen, um gemeinsam über die Möglichkeiten der Kooperation nachzudenken“. Was die Vorbereitungen zum 1. Japanisch-Deutsch-Französischen DWIH-Symposium zur Künstlichen Intelligenz (KI) im Dezember 2018 prägte, gilt grundsätzlich für die weitreichende trilaterale Zusammenarbeit: „Die jeweiligen Ziele des DWIH und des Dienstes für Wissenschaft und Technologie in der Französischen Botschaft sind ähnlich: Unterstützung der Wissenschaft, Forschung und Innovation unserer Länder, Beratung von Forschenden und Entwicklung des wissenschaftlichen Netzwerks und der Zusammenarbeit.“ Diese gute Zusammenarbeit in Japan legte es nahe, sich trilateral zusammenzuschließen und sich über das DWIH als organisierende Einrichtung zu gemeinsamen Anliegen auszutauschen.
KI IN DER LANDWIRTSCHAFT
Mit Folgeveranstaltungen treiben das DWIH Tokyo und seine Partner den trilateralen Austausch seitdem strategisch voran. „KI und SDGs – Was kann KI zur Überwindung ökologischer Herausforderungen beitragen?“ lautete der Titel einer Konferenz, die das DWIH Tokyo mit der Französischen Botschaft und der Japan Science and Technology Agency (JST) im Oktober 2019 ausrichtete. Rund 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und über 300 Personen, die den Stream allein in den beiden ersten Wochen nach der Veranstaltung betrachteten, verdeutlichen das Interesse an der japanisch-deutsch-französischen Zusammenarbeit. Deren Wert bestätigt auch Professor Cornelia Weltzien, Wissenschaftlerin an der Technischen Universität Berlin und am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam – und zugleich die führende deutsche Expertin für Digital Farming. Während der Konferenz erläuterte sie in einem Vortrag das Potenzial von KI-Anwendungen für eine umweltfreundliche Landwirtschaft.
INSPIRIERENDE GESPRÄCHE
Über die reine Vernetzung hinaus, so Weltzien, komme man über eine solche trilaterale Veranstaltung in mehrfacher Hinsicht zu inspirierenden Gesprächen. Im Rahmen der Konferenz „KI und SDGs“ begegnete sie Vertreterinnen und Vertretern aus Fachgebieten wie den Sozial- und Umweltwissenschaften und lernte die Sichtweisen aus anderen Ländern besser kennen – dies sei ein vielschichtigerer Austausch als auf internationalen Fachtagungen der eigenen Forschungsgemeinschaft. Zugleich schätzt sie die Möglichkeit, sich in ihrem Bereich der informationsbasierten Landwirtschaft mit französischen und japanischen Expertinnen und Experten auszutauschen. „Mit Frankreich teilen wir grundsätzlich ähnliche Bedingungen bei Klima, Anbauweisen oder Fruchtarten mit nur leichten Unterschieden bei den professionell arbeitenden Betrieben, in Japan begegnen uns dagegen völlig andere klimatische Bedingungen, Anbauweisen und Fruchtarten.“
KI wird im vom DWIH Tokyo gestärkten Austausch in all ihren Facetten durchdacht. „Die aktuelle Diskussion über KI dreht sich auch um Werte“, sagt die japanische Expertin Professor Arisa Ema vom Institute for Future Initiatives an der Universität Tokyo, weshalb sie schon den breiten Diskurs des ersten trilateralen DWIH-Symposiums zur Künstlichen Intelligenz besonders schätzte. Ema betont: „Es ist wichtig zu überlegen, wie die Rollen und Verantwortlichkeiten von Menschen und Maschinen verteilt werden sollten, da die Informationstechnologie verschiedene Bereiche wie die medizinische Versorgung und das autonome Fahren durchdringt.“
Arisa Ema setzt sich dafür ein, dass der besondere Austausch anhält. Während der Konferenz „KI und SDGs“ leitete sie eine Session zu Applikationen Künstlicher Intelligenz in nachhaltigen „Smart Cities“ und organisierte am Folgetag ein Seminar an der Universität Tokyo mit einem deutschen und einem japanischen Referenten der DWIH-Veranstaltung. Sie prägt auch das
2. Japanisch-Deutsch-Französische DWIH-Symposium zu KI im November 2020 als Mitglied des Organisationskomitees wesentlich mit. So zeigt die japanische Expertin mit ihrem persönlichen Engagement, wie sich der trilaterale Austausch erfolgreich fortsetzt.
Autorin
Bettina Mittelstraß
„Es macht Spaß, Kräfte bündeln zu können“
„Es macht Spaß, Kräfte bündeln zu können“
Drei Fragen an Dr. Christian Geltinger, Leiter der Repräsentanz des Freistaates Bayern in Japan
Japan ist mit Blick auf Innovationen, Investitionen und die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen einer der zentralen Partner Bayerns in Asien. Das galt schon 1988, als die Repräsentanz in Tokyo vom bayerischen Wirtschaftsministerium als erste Vertretung eines deutschen Bundeslandes in Japan eingerichtet wurde. Wir bilden eine breite Brücke für zahlreiche Themen des deutsch-japanischen Austauschs. Dabei werden insbesondere über die bayerischen Cluster in Schlüsselbranchen wie Automotive, Medizintechnik, Bio- und Nanotechnologie oder Mechatronik Wirtschaft und Forschung miteinander verknüpft.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI), das DWIH-Jahresthema 2019, für Bayern im Austausch mit seinen japanischen Partnern?
Bayern sieht KI als Schlüsseltechnologie der digitalen Transformation mit umfassenden Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel in der Zukunft der autonomen Mobilität, moderner Medizindiagnostik, smarter Energieversorgung, effizienter Logistik oder für die Sicherheit der Infrastrukturen im Cyberspace. Zu all diesen Themen gibt es bereits Plattformen und einen Austausch mit Japan, der künftig noch ausgebaut werden soll. 2019 veranstalteten die Spitzenuniversitäten TU München und University of Tokyo einen vom DWIH unterstützten Workshop zu KI und Ethik in der Mobilität. Beim 2. Japanisch-Deutsch-Französischen Symposium zur Künstlichen Intelligenz im November 2020 wollen wir natürlich auch die bayerische KI-Strategie und Perspektive anbieten.
Welche Bedeutung hat für Ihre Arbeit das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) Tokyo?
Mit dem DWIH Tokyo haben wir einen sehr willkommenen und schlagkräftigen Partner bei der Vernetzung unserer Wissenschaftler und Innovatoren. Wir waren daher sofort und gerne bereit, Mitglied des DWIH-Beirats zu werden und aktiv bei Arbeitskreisen und Sitzungen mitzuwirken. Wir sehen eindeutige Synergien und Hebel, gerade auch, um die beiderseitige Sichtbarkeit zu erhöhen. Nicht zuletzt macht es auch Spaß, mit dem kompetenten Team des DWIH Tokyo und den anderen Beiratsmitgliedern zusammenzuarbeiten und Kräfte bündeln zu können. Das wird meines Erachtens auch von der japanischen Seite sehr geschätzt. Im Jahr 2020 findet übrigens im bayerischen Wirtschaftsministerium in München ein DWIH-Netzwerktag statt – ein weiterer Beleg für unseren engen Austausch.
Interview
Johannes Göbel